Immer mehr Getränkeideen werden in der Hansestadt geboren. Neueste Schöpfung: Elbler - ein Cidre aus Äpfeln vom Alten Land.

Hamburg. Dass er sich mit einem Cidre aus Hamburg selbstständig machen würde, hätte Stefan Wächter, 34, vor ein paar Jahren sicher auch nicht gedacht. Wächter stand mehrere Jahre lang für den HSV im Tor, in 64 Bundesliga- und 22 Europapokal-Spielen. Später wechselte er zu Hansa Rostock und musste dort nach mehreren Verletzungen seine Profilaufbahn beenden. "Aber es gibt ja auch noch etwas anderes im Leben", sagt Wächter, als wir uns mit seinem Kompagnon Jan Ockert, 35, in der Strandperle über die neue gemeinsame Firma der beiden unterhalten. In dem ältesten Beach-Club der Stadt stehen die stylischen Flaschen mit dem Apfelherz auf den Holztischen, die Strandperle gehört zu den ersten Bars, die den Elbler verkaufen.

"Wir wollten ein Getränk von Hamburgern für Hamburger", beschreibt Jan Ockert die Idee hinter dem Apfelschaumwein. Die beiden Männer kannten sich vom HSV, weil Ockert früher beim Sportvermarkter Sportfive für den Klub arbeitete. Sie entwickelten ihr Projekt vor ein paar Monaten an der Elbe, nur ein paar Meter von der Strandperle entfernt. Warum wird im Alten Land nicht mehr produziert als Obst und langweiliger Apfelsaft, fragten sie sich damals und beantworteten die Frage mit dem Apfelschaumwein, der in Frankreich, Belgien und Skandinavien viel bekannter ist als in Deutschland.

Nach einiger Suche fanden sie einen Partner für die Produktion am Elbdeich. Den Namen wollen die Gründer aus Angst vor Nachahmern aber nicht verraten. "Das war uns besonders wichtig, wir wollten auf jeden Fall ein Produkt hier aus der Gegend anbieten", sagt Ockert, der den Cidre während eines Auslandsstudiums in Finnland als Allerweltsgetränk und Bier-Ersatz kennengelernt hatte.

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Mit dem Elbler kommt längst nicht das erste oder einzige Trendgetränk aus Hamburg. Etliche Firmen haben bereits erkannt, dass eine Stadt mit jungem, kreativen Publikum ein großes Potenzial für neuartige Getränke bietet. "Die Stadt gilt als ein Experimentierfeld für Limonaden", sagt Antje Schünemann vom Trendbüro. Dass die Hamburger grundsätzlich gerne neue Trends aufnehmen, zeige aber auch die Eröffnung neuer Modegeschäfte in der City: "Marken wie Cos, Monki und Weekday oder Urban Outfitters haben sich hier noch vor Berlin angesiedelt", so Schünemann.

Auch Fritz-Kola, Bionade, Aloha, ChariTea oder Lemonaid hatten ihre ersten Erfolge in der Hansestadt oder wurden von Hamburgern erfunden. Es sind regionale Produkte und Drinks, die mit Bio-Siegeln oder karitativem Zusatznutzen werben - so mildern sie das schlechte Gewissen beim Verzehr solcher Genussmittel. Sie erringen in einem Markt Erfolge, in dem früher mit der Dominanz des Getränkekonzerns Coca-Cola fast monopolistische Verhältnisse herrschten. Unglaublich: Die Bionade gehört heute zu den zehn beliebtesten Limonaden.

Auch wenn es bei dem Kultgetränk wie auch beim Carlsberg-Produkt Beo, das inzwischen wieder aus den Regalen verschwunden ist, Zweifel an der 100-prozentigen Verarbeitung biologisch erzeugter Zutaten gab. Dennoch rangiert die Bionade heute nach bekannten Traditionsmarken wie Fanta, Sprite oder Sinalco, die sich bereits seit Jahrzehnten ihr Regal in den Kühlschränken erobert haben, auf Platz sieben.

Auch Fritz-Kola ist mit seinem höheren Koffeingehalt als die klassische Cola im Markt durchgestartet und macht gerade in der Klubszene den Energy-Getränken wie Red Bull Konkurrenz.

Hamburg und die Verwurzelung des Produkts in der Metropole zeigen sich auch beim Elbler schon im Namen. "Der Elbler könnte zur Alternative zum Alster werden", sagt Wächter lachend. Es gibt zwei Sorten, eine lieblichere und eine trockene mit 2,5 und 5,5 Prozent Alkohol. Sie heißen entsprechend ihres unterschiedlichen Temperaments Ebbe und Flut. Verarbeitet werden pro Flasche rund drei Äpfel.

Sie stammen aus biologischer Produktion im Alten Land, also direkt an der Elbe - der Name ist somit nicht nur Werbegag, sondern hat seine Berechtigung durch die regionale Erzeugung. "Bei der Anti-Coca-Cola-Bewegung sind Authentizität, Regionalisierung und damit die Möglichkeit zur Identifikation mit dem Produkt besonders wichtig", beschreibt Schünemann das Geheimnis derartiger Marketingstrategien. Beispiel einer erfolgreichen Marke mit regionalem Bezug sei das Tannenzäpfle-Bier aus dem Schwarzwald. Das Kultbier hebt sich in einem Markt ab, in dem inzwischen jede Marke auf "Premium" setze und damit kein eigenes Profil mehr aufbauen könne.

Stefan Wächter und Jan Ockert sehen die Gründer von Fritz-Kola als Vorbild, auch wenn sie selber, drei Monate nach der ersten Produktion von 40 000 Flaschen, noch ganz am Anfang stehen. "Aber die Nachfrage überrascht uns schon jetzt", freut sich Wächter. Das Duo strebt für das gesamte erste Geschäftsjahr ein Volumen von 200 000 Flaschen an und möchte 2013 die Gewinnschwelle erreichen.

Die ersten Erfolge sind beeindruckend. Szeneläden wie die Marsbar in Eppendorf, der Kleine Speisesaal in Winterhude und Strand Pauli führen Elbler. Insgesamt kommen die beiden Jungunternehmer bereits auf 40 Vertriebspartner aus der Gastronomie. "Und Edeka ist sogar von sich aus auf uns zugekommen", sagt Jan Ockert. In Dutzenden Geschäften, etwa bei Niemerszein oder Struve, finden die Kunden den Cidre mit dem verfremdeten Hamburger Stadtwappen auf dem Logo bereits in den Regalen.

Mit etwas Glück treffen die Cidre-Fans dort übrigens auch die beiden Erfinder: "Wir stehen manchmal selber bei Verkostungen in den Läden", sagt Jan Ockert. Neben dem ersten Schluck Cidre aus Hamburg können die Kunden dort dann auch einen echten ehemaligen Fußballprofi kennenlernen.