Bezirk unterschreitet jedoch erstmals die Zehn-Prozent-Marke. Agentur für Arbeit erwartet weiter sinkende Zahlen. Aktuell 15.600 Stellen frei.

Hamburg. Bei der Alster Gerüstbau in Harburg laufen die Geschäfte seit Jahren gut. "Wir arbeiten an Neu- und Altbauten, bei Sanierungen und sogar an Brücken", sagte Geschäftsführer Jörg Künne. Weil aber qualifizierte Mitarbeiter als Ergänzung für die derzeit 20 Beschäftigten immer schwerer zu bekommen sind, will der 47-Jährige künftig zwei statt bisher einen Lehrling pro Jahr ausbilden. Auch ausgebildete Gerüstbauer würde Künne gerne nehmen. "Die würden wir sofort einstellen", sagte der Maschinenbautechniker, der mit Harald Müller den 1994 gegründeten Familienbetrieb mit einem Umsatz von 2,3 Millionen Euro führt.

Mit ihrem kontinuierlichen Aufbau der Belegschaft steht die Gerüstbaufirma für den anhaltenden Aufschwung am Hamburger Arbeitsmarkt, der jetzt auch im Bezirk Harburg zu spüren ist. Zwar lag die Quote dort im Mai mit 9,9 Prozent noch am höchsten in Hamburg. Doch "erstmals in diesem Jahr haben wir die Marke von zehn Prozent unterschritten", freute sich gestern Ines Rosowski, Geschäftsstellenleiterin der Arbeitsagentur Harburg. Ihr Ziel: Nach 10.367 Arbeitslosen im Mai soll die Zahl im Sommer unter 10.000 fallen.

+++ Arbeitslosenzahlen sinken im Mai leicht auf 2,855 Millionen +++

+++ Noch 4600 freie Lehrstellen warten auf Bewerber +++

Für die gesamte Stadt könnte so schon im Juni die Marke von 70.000 Arbeitslosen unterschritten werden. Das sagte Hans-Martin Rump, der operative Geschäftsführer der Hamburger Agentur, gestern bei der Bildungsmesse in Harburg, die nur in diesem Bezirk stattfindet. Im Mai waren noch 70.545 Menschen in der Hansestadt ohne Job, das ist die niedrigste Zahl in einem Mai seit dem Jahr 2001. Im Vergleich zum April waren es 1.094 weniger, gegenüber Mai 2011 lag das Minus sogar bei 2.577.

Die Arbeitslosenquote ging im Mai um 0,3 Prozentpunkte auf 7,4 Prozent zurück "Bereits seit 2008 gibt es in der Stadt einen nachhaltigen Beschäftigungsaufbau", bilanzierte Rump. Im Jahresvergleich erhöhte sich die Zahl der Arbeitsplätze im März 2012 um 20.300 auf knapp 853.000. Dabei sind noch 15.600 freie Stellen gemeldet.

Der anhaltende Aufschwung am Arbeitsmarkt geht vor allem auf die hohe Nachfrage im Gesundheits- und Sozialwesen, bei den Dienstleistungen für Firmen wie Bewachung oder juristische Beratung sowie bei Handel, Vertrieb und in der Gastronomie zurück. "Auch Behinderte und Ungelernte haben von dem positiven Trend profitiert", sagte Geschäftsführer Rump.

Das größte Risiko, keinen Job zu bekommen, trügen Menschen ohne Berufsabschluss. Fast zwei Drittel der Hartz-IV-Empfänger gehören zu ihnen. Deshalb wird die Agentur in diesem Jahr erneut 24 Millionen Euro investieren, um Menschen im Beruf weiterzuqualifizieren oder ihnen einen Abschluss zu ermöglichen. Profitieren sollen insgesamt 3.700 Hamburger.

+++ Der komplette Arbeitsmarktreport für Hamburg als PDF +++

Die positive Situation auf dem Arbeitsmarkt spiegelt sich auch bei den Ausbildungsplätzen wider. "Die Lage war aus der Sicht der Bewerber noch nie so gut wie momentan", sagte Rump. Bei der Agentur sind derzeit noch 4.622 freie Lehrstellen für den Herbst gemeldet. Ihnen stehen 3.675 Bewerber gegenüber. Besonders viele Plätze sind bei Versicherungs- und Finanzkaufleuten, bei Lkw-Fahrern, in der Systemgastronomie aber auch bei Lokführern oder Elektronikern für die Luftfahrt noch nicht besetzt. "Wer noch im Herbst eine Ausbildung beginnen will, sollte sich dennoch rasch bei der Agentur melden", sagte Rump. Dafür ist als Hotline die Nummer 2485-1113 geschaltet.

Um künftig alle Jugendliche bis zum Abitur oder in eine Ausbildung zu bringen, soll Anfang September die neue Jugendberufsagentur starten. Die Bezirke Harburg und Mitte sind hier die Ersten, in denen die neue Stelle eingerichtet wird. Dabei werden Mitarbeiter der Schulbehörde, der Arbeitsagentur, der Jobcenter sowie der Bezirke zusammenarbeiten. In Harburg werden es 40, in Mitte bis zu 100 Beschäftigte sein. Bis zum Jahr 2014 soll die Stadt flächendeckend versorgt sein.

Auch bundesweit sank die Zahl der Arbeitslosen im Mai im Vergleich zum April. Der Rückgang um 108.000 auf 2,855 Millionen sei aber nur die "übliche Frühjahrsbelebung", sagte der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, gestern in Nürnberg. Zwar sei jetzt ein bundesweites 20-Jahres-Tief erreicht, der Arbeitsmarkt verliere aber an Schwung. "Wir beschleunigen nicht mehr", sagte Weise. Die Konjunktur habe inzwischen nicht mehr genügend Schub, um die Arbeitslosigkeit über die jahreszeitlichen Schwankungen hinaus zu verringern. Eine Trendwende sieht Weise aber nicht. "Es kann nicht erwartet werden", sagte er, "dass wir laufend eine stark sinkende Arbeitslosigkeit und eine stark steigende Beschäftigung haben."