Eine Glosse von Karolin Jacquemain

Wenn es um die Wurst geht, versteht man in Deutschland keinen Spaß, das ist im Filmgeschäft nicht anders als im Fußballstadion. Das Gerücht, die alljährlich bei der Nachwuchspreis-Gala in rauen Mengen auf den Grill geworfenen Thüringer Bratwürste hätten sich - zusammen mit dem früheren Studio-Hamburg-Chef Martin Willich - in den Ruhestand verabschiedet, führte dementsprechend zu einer Art Identitätskrise in der Branche. Chefsekretärinnen bildeten im Auftrag besorgter Produzenten eine Soko "Bratwurst". Schauspielagenten drohten mit Partyboykott ihrer Schützlinge, sollten die keine Extrawürste gebraten bekommen. Ein anonymer Schreiber forderte die Aufnahme des Tonndorfer Wurstgrills auf die Liste des Unesco-Welterbes. Schließlich ist er Herz, Hirn und Magen der Gala. Nicht zu ersetzen durch gedünstete Selleriestangen oder Gourmetzirkus auf Porzellantellerchen. Um derart nachhaltig die Stimmung zu ruinieren wie mit dem kalten Wurst-Entzug, müsste man schon die Mitgiftbeutelchen der Partysponsoren mit "Neues aus Uhlenbusch"-DVDs befüllen oder Doris Heinze als Moderatorin auf die Bühne bitten.

Am Bratwurststand haben Schimanski und Thanner ihre Fälle gelöst. Hier spülen die Kölner "Tatort"-Kommissare die Schlechtigkeit der Welt herunter. Die Bratwurst ist die verbindende Mahlzeit schlechthin. Im Fernsehen und im Leben.