Der richtige Umgang mit Computer, Handy und Co. muss vorgelebt werden

Vor knapp 20 Jahren sagte der damals über 70-jährige Joseph Weizenbaum auf die Frage, ob jedes Kind zum Schuleintritt einen Computer bräuchte: "Als die Telegrafie erfunden wurde und überall Masten aufgestellt wurden, lernten Kinder in der Schule auch nicht das Morsen."

Die Worte aus dem Munde des 2008 verstorbenen Computerpioniers, der Anfang der 50er-Jahre am Bau eines Großrechners und später an der Entwicklung eines Vorläufers des Internets beteiligt war, mögen heute antiquiert klingen. Telegrafie, ja, das war doch noch etwas ganz anderes. Aber heute, die modernen Medien, von denen kann man die Kinder doch gar nicht mehr fernhalten! Kann man nicht - oder sollte man nicht? Und schnell erkannte man, dass die Debatte zum kritischen Umgang mit Computern, die Weizenbaum bereits in den 70er-Jahren lostrat, absolut nichts an ihrer Aktualität verloren hat. Im Gegenteil: Das sich rasant verändernde Medienverhalten verlangt gerade von Eltern eine tägliche Auseinandersetzung mit dem Thema, was und wie viel gut ist, von Spielkonsole, Smartphone und Internet.

Dabei prallen Realität und Expertenrat jedoch gerne einmal aufeinander. Und der Satz "Die Wissenschaft sagt, du brauchst bis zum Schulanfang noch keinen Rechner!" ist sicherlich nichts, womit man einem Fünfjährigen vernünftig erklären kann, warum Nachbarssohn Paul einen Gameboy haben darf, der eigene Filius jedoch noch nicht.

Tatsächlich wäre es realitätsfremd zu glauben, Kinder heute noch von modernen Medien abschirmen zu können. Die Frage kann hier nur lauten: Was ist das richtige Maß - und wie begleitet man sein Kind am besten in der Welt der elektronischen Medien? Selbstkontrolle ist dabei unverzichtbar. Schreiben die Eltern beim Familienfrühstück bereits E-Mails und SMS auf dem Smartphone und wird zur Vorbereitung des Mittagessens nach neuen Rezepten gegoogelt und danach der Fernseher in den Nonstop-Betrieb versetzt, können Kinder nicht lernen, warum sie gar nicht oder zeitlich nur sehr eingeschränkt an dieser Welt teilhaben dürfen, die so einen großen Stellenwert im Leben der Erwachsenen hat.

Klare Tabuzonen für das Nutzen von elektronischen Medien können helfen, und die sollten für alle Familienmitglieder gelten. Während der Essenszeiten etwa oder bei gemeinsamen Aktivitäten.

Ab wann Kinder Zeit mit Computerspielen und Internet verbringen dürfen, und wie viel, müssen letztendlich die Eltern entscheiden. Wissenschaftlich fundiert ist, dass kleine Kinder für ihre Entwicklung verschiedene sinnliche Eindrücke brauchen, und keine eindimensionale Beschäftigung. Außerdem sind auch die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Kinder zu berücksichtigen - wer von sich aus bewegungsfreudiger ist, wird im Zweifel nicht so viel vor dem Rechner sitzen. Auf jeden Fall ist eine Begleitung von Anfang an notwendig: Durch die spielerische Herangehensweise der Kinder an die Medien haben sie keine natürlichen Schranken, weder zeitlich, noch inhaltlich. Hier ist es wichtig, sich als Elternteil gut zu informieren und für die Spiele der Kinder zu interessieren, raten Psychologen: Desinteresse und Verteufelung ("Was ist das denn für ein Blödsinn, den du da spielst?") führen im Zweifel nur zu Trotzreaktionen und heftigen Diskussionen.

Im Prinzip ist der Umgang mit Computer, Handy und Co. nur eine Erweiterung der Lebenssituationen, in denen Eltern ihre Kinder auch sonst anleiten müssen: genauso wie Kleidungsstile, Ausgehzeiten oder der Konsum von Nikotin und Alkohol. Wie ernst das Thema ist, zeigt die Statistik: Nach dem aktuellen Suchtbericht der Bundesregierung gelten 250 000 der 14- bis 24-Jährigen als internetabhängig.