Haben Europas Politiker keine anderen Sorgen als die Abschaffung der kleinen Münzen?

Das ist schon erstaunlich: Unsere Europaparlamentarier beschäftigen sich in Zeiten schwindelerregender Milliardenhilfen noch mit dem Thema Kleingeld. Jetzt haben sie in Straßburg mit großer Mehrheit beschlossen, die Abschaffung von Ein- und Zwei-Cent-Münzen vorzubereiten.

Der erste Schritt: Die Europäische Zentralbank (EZB) soll die Kosten auflisten und diese ins Verhältnis zu Nutzen und Wert setzen. Das Ergebnis ist vorhersehbar. Warum sollte es auf dem Alten Kontinent anders sein als zum Beispiel in Kanada? Dort wird im kommenden Herbst der Penny mit seinen Minimünzen abgeschafft, weil dessen Herstellungskosten deutlich höher sind als der Wert, den das Hartgeld im Handel hat. Ohne Money-Penny spart der Staat deshalb jedes Jahr ein paar Millionen Dollar. So wäre es wohl auch beim Euro-Cent. Auch wenn diese inzwischen weniger Kupfer beinhalten als früher unsere Pfennige, ist deren Produktion - zumal bei steigenden Rohstoffpreisen - eigentlich zu teuer angesichts des geringen Wertes, den sie darstellen.

Aber reicht Pfennigfuchserei dieser Art aus, um die beiden kleinsten Euro-Cent-Einheiten vom Markt zu nehmen? Schwieriger als die Kostenauflistung ist jedenfalls der zweite Auftrag der EU-Parlamentarier an die Banker. Sie sollen zuvor nämlich prüfen, ob die Bürger die Abschaffung der beiden kleinsten Münzen auch akzeptieren. Da reicht es wohl, im Freundes- und Bekanntenpreis mal nachzufragen. Immerhin ist des Volkes Stimme diesmal gefragt, was beim Aufspannen großzügiger Rettungsschirme - wohl nicht zuletzt wegen des befürchteten Ergebnisses - bewusst vermieden worden ist. Wenn es "nur" um die Zukunft der Mini-Münzen geht, kann man das ja mal wagen.

Wollen die Euro-Banker den Daumen beim Stimmungsbild über die Cent-Münzen möglichst eindeutig gesenkt wissen, sollten sie mit ihrer Bürgerbefragung in Finnland starten. Das Land nutzt die Ein- und Zwei-Cent-Münzen schon nicht mehr. Dort enden die Preise auf null oder fünf und Beschwerden größeren Ausmaßes sind bisher nicht bekannt.

Bei uns würde das bedeuten: Die im Einzelhandel beliebten, auf 99 Cent endenden Preise, würden verschwinden und mit Sicherheit nicht ab-, sondern aufgerundet. Das sähe dann mit der neuen Stelle vor dem Komma zwar ehrlicher aus, hieße aber auch: Alles würde erst mal ein bisschen teurer, wie schon bei der Einführung des Euro. Vielleicht ist das ja ein gern in Kauf genommenes Signal? Geldentwertung in kleinen Schritten, um die großen Zukunftsaufgaben zu finanzieren und sich per Inflation aus den angehäuften Schuldenbergen zu winden? Damit der Bürger vorbereitet wird: Bald geht es für ihn nicht mehr nur um unbedeutende Summen, sondern um Beträge, die richtig wehtun?

Nein, es wäre kein sentimentaler Fehlschluss, dem Kupferkleingeld hinterherzuweinen. Denn mit ihm fiele wieder eine Bastion alter Tugend. An die erinnert das Sprichwort: "Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert." Ein Sinnbild dafür, wie der Mensch mit vermeintlich Unbedeutendem umgehen sollte. Dahinter steckt die Erkenntnis, gewonnen aus Lebenserfahrung: Wer mit Kleingeld nicht umzugehen weiß, wird mit höheren Beträgen kaum besser hantieren.

Vielleicht sind deswegen die Politiker so schnell dabei, mit Milliarden ganze Staaten und Banken zu retten. Und dabei das von anderen schwer verdiente Geld mit vollen Händen auszugeben. Ein beunruhigendes Indiz für unsere monetäre Zukunft.