Maroder Fahrradstand in Grundschule als schützenswert verzeichnet. Deshalb soll für neue Kantine Teil des Schulhofs geopfert werden.

Osdorf. Die Eltern der Grundschule Goosacker in Osdorf sind empört: Durch den Neubau einer Kantine soll der Schulhof halbiert werden. "Die Planung ist katastrophal", schrieb der Elternrat in einem Brief an Bildungssenator Ties Rabe (SPD). Soll das Vorhaben tatsächlich umgesetzt werden, droht die Elternvertretung mit Protestaktionen.

"Wir sind natürlich für eine Kantine", sagt Katrin Becker im Namen des Gremiums, "aber nicht so." Und Mitstreiterin Lilly Kübler ergänzt: "Das ständige Kuddelmuddel der Behörden muss ein Ende haben." Man verlange eine zukunftsorientierte, durchdachte Standortplanung. Es gebe ausreichend Platz, um einen Kantinenneubau zu schaffen, der nicht zulasten der Pausenfläche und der Kinder geht.

Am meisten bringt die Mütter die Wahl des vorgesehenen Bauplatzes in Rage. Denn ein anderer Teil auf dem Schulgelände im Westen Hamburgs sei nach Meinung des Elternrats "wie geschaffen" für die Baumaßnahme. Dort sind ein Verwaltungspavillon sowie eine Bude mit Fahrradständern untergebracht. Und diese stehen im "Verzeichnis der erkannten Denkmäler" der Hansestadt. "Es ist nicht zu fassen", beklagt Katrin Becker.

+++ Nicht auf Kosten der Schüler +++

Ein Lokaltermin des Hamburger Abendblatts in Osdorf bestätigt diese Auffassung. Am Rande des Schulgeländes steht ein schrottreifer Unterstand für Fahrräder. Die Konstruktion ist schief, auf dem Dach wachsen Moos und Gräser. Einen Anstrich hat die Bruchbude lange nicht erlebt. Eltern warnen ihre Kinder eindringlich, auf das Dach zu klettern. Ihre Befürchtung: Das Bauwerk könnte zusammenkrachen.

Zum "Ensembleschutz" der vor mehr als 50 Jahren errichteten Schule zählt ein Pavillon inmitten des Schulhofs. Dieser zumindest wurde frisch getüncht und um einen gläsernen Vorbau ergänzt. "Erstaunlich, dass ein Denkmal auf diese schräge Weise modernisiert wird", stellt die CDU-Politikerin Dr. Kaja Steffens ironisch fest. Bereits im vergangenen Sommer stellte sie in der Bildungsbehörde eine Anfrage - gemeinsam mit Kollegen ihrer Fraktion in der Bezirksversammlung Altona.

Dabei ging es um einen mit Schimmelpilz befallenen Klassenraum-Pavillon und um die Beheizung der einfach verglasten und zugigen Klassenräume. Mit einem Kostenaufwand von 90 000 Euro wurde zwischenzeitlich das Notwendigste renoviert. Rund 150 000 Euro verbrauchte die Instandsetzung des Pavillons, in dem früher der Hausmeister wohnte. Nach dem Umbau sind die Funktionsräume dort jetzt spartanisch und sorgen im Lehrerkollegium für Unmut.

Das Büro der Grundschule ist 14,6 Quadratmeter groß, das Zimmer der Direktorin misst 9,72 und das Lehrerzimmer 33,05 Quadratmeter. "Die gesamte Aktion ist schwer nachvollziehbar", meint CDU-Schulpolitikerin Kaja Steffens. Ohne langfristiges Konzept sei zu viel Geld ausgegeben worden. "Im Rahmen der Einführung des Zweisäulenmodells ist der Standort Goosacker in zwei eigenständige Schulen getrennt worden", sagte sie.

Die zuvor schon angespannte Raumsituation werde weiter verschärft. Nach der Aufteilung der Schule gebe es nun auch zwei separate Verwaltungstrakte: je zwei Sekretariate, Lehrerzimmer, Schulleitungsbüros und Krankenzimmer. "Unfassbar, dass heruntergekommene Bruchbuden mit Fahrradständern unter Denkmalschutz stehen und eine Planung mit Bedacht verhindern", sagt Kaja Steffens. Nach Angaben ihres Bürgerschaftsabgeordnetenkollegen Walter Scheuerl wird sich die Zahl der Schulcontainer von derzeit 301 bis zum Beginn des neuen Schuljahres im Sommer auf 459 erhöhen. Demnach werden von August an mehr als 10 000 Hamburger Schulkinder in Containern unterrichtet. Und der Neubau von Kantinen ist erforderlich, um eine Ganztagsbetreuung zu gewährleisten.

"Das gesamte Ensemble von 1956 und den Folgejahren steht im Verzeichnis der erkannten Denkmäler", bestätigt ein Sprecher der Schulbehörde auf Nachfrage. Der Standort für den Kantinenneubau sei letztlich ausgewählt worden, da andere Flächen auf dem Grundstück "nicht realisierbar" seien. So sei eine zunächst ins Auge gefasste Erweiterungsfläche südlich der Pausenhalle wegen einer unterirdischen Gasleitung nicht bebaubar: "Andere Flächen scheiden aufgrund von Denkmal- oder Naturschutzgründen aus."

Stefan Nowicki, Sprecher der Kulturbehörde, zu der das Denkmalschutzamt gehört, sagt: "In aller Regel finden wir gemeinsam mit Schulbau Hamburg für jedes Problem auch eine Lösung. Dazu müssen wir die Details allerdings auch kennen." Die Osdorfer Elternvertreter reagieren dennoch entsetzt. "Angeblich denkmalwerter Baubestand wurde immer wieder wild ergänzt", sagt Vorstandsmitglied Katrin Becker. "Normale Menschen können sich nur an den Kopf fassen."