Politiker, Amt und Grundeigentümer wollen Bordelle und Spielhallen aus dem Zentrum verbannen. Neues Glücksspielgesetz für ganz Hamburg geplant.

Bergedorf. Als erster der sieben Hamburger Bezirke will Bergedorf für alle seine Stadtteile regeln, wo sich Rotlicht- und Vergnügungsbetriebe ansiedeln dürfen - und wo nicht. Das hat der Stadtplanungsausschuss einstimmig beschlossen. Ein Fachgutachten soll dazu beitragen, eine "geordnete städtebauliche Entwicklung" zu ermöglichen.

Betroffen sind Bordelle, die "von Amts wegen" ein Gewerbe darstellen, und Vergnügungsstätten, wie beispielsweise Spielhallen und Wettbüros, Striplokale, Sexshops und -kinos, Swingerklubs und auch Gaststätten, die Sportwetten anbieten.

Der Grund: Bergedorf will das sogenannte Trading down verhindern - also dass ein ehemals blühendes Quartier zu einem Standort verkommt, der von Rotlicht und Glücksspiel geprägt ist. Leerstand, Verfall und eine Überzahl von Billiganbietern sind die Folgen.

Wo sich die Rotlicht- und Vergnügungsbetriebe ansiedeln dürfen, wird noch geprüft. Bergedorfs Bezirksamtsleiter Arne Dornquast (SPD) formuliert es gegenüber dem Hamburger Abendblatt so: "Wir erarbeiten ein Gesamtkonzept für den Bezirk, in welchem Flächen identifiziert werden, die für diese speziellen Betriebe grundsätzlich als nicht ungeeignet angesehen werden."

Ziel sei es, von einer reinen Einzelfallentscheidung wegzukommen und zugleich Planungssicherheit für alle Beteiligten zu erreichen.

Den bekanntesten Fall einer unerwünschten Ansiedlung von Rotlicht in einer Einzelfallentscheidung gab es 2009 im Bezirk Mitte. Obwohl Politik und Verwaltung dies verhindern wollten, entstand in einer ehemaligen Lagerhalle an der Süderstraße ein Großbordell als sogenannter Saunaklub, weil der Bezirk vorschnell eine Genehmigung erteilte.

Bergedorf - Hamburgs östlichster Bezirk - fühlt sich und gibt sich wie ein kleines Städtchen, weil es einen echten historischen Stadtkern mit einem Schloss, einer Kirche und einem Park besitzt. Und weil mitten in diesem Kern eine schöne Fußgängerzone, Einkaufszentren und der brandneue Bus- und S-Bahnhof liegen.

"Ich habe bei einem Gang um den Bahnhof allein acht Sportwetten-Geschäfte gezählt. Dadurch verliert der Einzelhandel an Attraktivität", sagt Ulf Hellmann-Sieg, Vorsitzender des Grundeigentümervereins Bergedorf. In solche Geschäfte könne man nicht mal hineingucken. "weil dort Tag und Nacht egal ist". Der Grundeigentümerverein unterstützt "ausdrücklich" das Konzept des Bezirksamts.

Zum Thema Spielhallen gibt es auch ein neues Gesetz, das im Sommer für ganz Hamburg beschlossen werden soll. Danach soll eine Spielhalle nur betrieben werden können, wenn im Umkreis von 500 Metern keine weitere steht. Reeperbahn und Steindamm sind ausgenommen. Zudem werden Öffnungszeiten und die Anzahl der Spielautomaten beschränkt.

Bergedorfs Regelung soll noch weitergehen: Das gesamte Zentrum soll von Rotlicht und Spielhallen freigehalten werden. "Spielhallen und Bordelle gehören nicht in die Bergedorfer Innenstadt und in die Nähe von Schulen, Jugendeinrichtungen und ähnlichen Stätten. Auch die Wohngebiete müssen davon verschont bleiben", sagt Sven Noetzel, Vorsitzender der CDU-Fraktion in Bergedorf.

Diese Betriebe sollten nur dort sein, wo sie am wenigsten stören, beispielsweise in einem Gewerbegebiet. Doch auch dort dürften sie sich nur kleinteilig ansiedeln und kein Rotlichtviertel entstehen. Noetzel: "Bergedorf hat kein Rotlichtviertel, und wir wollen auch keines haben!" Die großen Bordelle könnten im Bezirk Mitte bleiben. Zurzeit gibt es nach einem Bericht der "Bergedorfer Zeitung" im Stadtkern von Bergedorf fünf Straßen mit Bordellen, die einen "regen Zulauf" hätten. Diese Betriebe stehen unter Bestandsschutz. Die Lösung, Vergnügungs- und Sexbetriebe in abgelegene Gewerbegebiete zu verbannen, kommt zu einem geschickt gewählten Zeitpunkt, worauf die Bergedorfer sich etwas einbilden. Der SPD-Fraktionschef Werner Omniczynski sagt: "Es erfüllt uns mit einem gewissen Stolz, dass das Bezirksamt hier genau wie bei Wohnungsbau- und Gewerbeflächenkonzepten Vorreiter für die anderen Hamburger Bezirke ist." Im September soll das Fachgutachten vorliegen, dann entscheidet die Bergedorfer Bezirksversammlung.