Die Sechs steht vor dem Komma, und damit hat die Gewerkschaft Ver.di ihr Gesicht gewahrt. Sie wollte einen hohen Lohnabschluss bei der Telekom und sie hat ihn bekommen. Zumindest auf den ersten Blick. Denn 6,5 Prozent sind nicht gleich 6,5 Prozent - das wissen Tarifexperten seit Langem. Am Ende kommt es auf die Laufzeit an. Und sie liegt im Fall der Telekom bei 24 Monaten. Somit reduziert sich der Abschluss deutlich - auf ein Jahr gerechnet. Mit dem Ergebnis können Ver.di und die Beschäftigten dennoch zufrieden sein. Denn selbst nach Abzug der Inflationsrate bleibt noch ein kleines Plus im Portemonnaie - das war in den vergangenen Jahren nicht immer so in Deutschland.

Interessant ist ein anderer Blick auf den Abschluss. Denn mit Ausnahme der Lohnerhöhung haben sich die Tarifparteien auf wenig bis nichts geeinigt. Qualitative Aspekte spielten kaum eine Rolle, es ging fast nur ums Geld. Weitsichtige Tarifpolitik sieht anders aus. Sicherlich lassen sich qualitative Vereinbarungen schwerer in der Öffentlichkeit als Erfolg verkaufen als eine hohe Prozentzahl - sinnvoll und notwendig sind sie dennoch.

Dies zeigt sich in der festgefahrenen Tarifrunde der IG Metall, die Ende Mai auf ihren Showdown zusteuern wird. Hier verhandeln Gewerkschaft und Arbeitgeber neben Lohnprozenten auch über die unbefristete Übernahme von Auszubildenden und neue Regeln für die Anstellung von Leiharbeitern. Beide Themen drängen, lassen sich an ihnen doch gesellschaftliche Fehlentwicklungen ablesen, die korrigiert werden müssen. Bleibt zu hoffen, dass die Metallindustrie als Abschluss mehr als eine Prozentzahl präsentieren wird.