Ein Kommentar von Alexander Schuller

Dass frustrierte Angestellte ihre Chefs anschwärzen oder enttäuschte Ehegatten anonym das Finanzamt über angebliche Steuerhinterziehungen des Ex-Partners informieren, gehört für Ermittlungsbehörden zum täglichen Brot. Selbst wenn die Vorwürfe schon bei flüchtigem Hinsehen als hergeholt erscheinen, muss die Justiz in unserem Rechtsstaat solchen Beschuldigungen nachgehen.

Wenn diese Fälle dann durch Indiskretionen, Pressemitteilungen oder gar die Anzeigenden selbst in die Öffentlichkeit gelangen, ist der Rufmord nicht mehr weit. Vor allem deswegen, weil sich jede Behauptung in unserer Medienwelt rasend schnell verbreiten lässt. Darüber hinaus darf jeder seine Meinung posten und bloggen, auch derjenige, der weder über genügend Verstand noch über das nötige Wissen in Bezug auf die tatsächlichen Sachverhalte verfügt.

Im Falle der Hamburger Schlachterei Hans Wagner könnte diese unreflektierte Meinungsmache im Extremfall zum Ruin eines erfolgreichen Traditionsunternehmens führen, das bis gestern noch einen untadeligen Ruf genoss. Wahrscheinlich aber zu finanziellen Einbrüchen. Es wird Zeit, mal wieder an die Unschuldvermutung zu erinnern, die auch zu unserer Rechtsstaatlichkeit gehört: Ein Beschuldigter muss bis zum Beweis des Gegenteils als unschuldig gelten - und auch so behandelt werden.