Das Abendblatt-Schiff feiert seine Premiere beim Hafengeburtstag. Es soll ein neuer Blickfang für die Hansestadt werden. Ein Werftbesuch.

Hamburg. Eine Idee wie diese ist ihm noch nie untergekommen. Fast 30 Jahre arbeitet Frank Damschen nun schon im Hamburger Hafen, eigentlich hat er schon alle Boots- und Schiffstypen repariert. Sein Verhältnis zu Schiffen sei deshalb abgeklärt professionell. "Wenn die 'Queen Mary 2' etwa kommt, schaue ich gar nicht mehr hin", sagt er. Doch ein Papierschiffchen in Übergröße bauen - das war auch für den 43 Jahre alten Hafenroutinier und Geschäftsführer der Heinrich Hopfgarten GmbH neu. Übrigens auch in der 130-jährigen Firmengeschichte. Wie macht man das? Aus welchem Material? Und überhaupt: Wer kommt auf solche Einfälle? "Ich hatte jedenfalls keine Ahnung, wie ich so ein 18 Meter großes Schiff konstruieren sollte", sagt Damschen.

Es war am 9. Januar dieses Jahres, als Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider die Idee des Abendblatt-Schiffs vorstellte. Während des Neujahrsempfangs mit mehr als 1000 Gästen im Cruise Center Altona machten Papierschiffchen im Miniaturformat die Runde. Fast allen Besuchern fiel sofort eine Deutung zum Abendblatt-Boot ein. Das reichte vom stolzen Piratenschiff (Helmut Schulte, Manager des FC St. Pauli) bis zum Lebensgefühl (Bürgermeister Olaf Scholz). Lars Haider sagte: "Damit Hamburg noch schöner wird, wollen wir ein Schiff bauen - als Symbol für die kreative Hafenmetropole." Es sollte die Anmutung eines Zeitungsschiffchens bekommen und im Mai auf der Elbe schwimmen. Fehlte nur noch ein Betrieb, der die Vision im Rahmen der diesjährigen Abendblatt-Lieblingsaktionen zur Wirklichkeit werden ließ.

+++ Das Schiff in Zahlen +++

Auf Steinwerder, am Südufer der Elbe, gibt es diese Firmen. Es riecht hier nach Stahl und Farbe, nach ehrlicher Arbeit und maritimer Kompetenz. Und am Ellerholzdamm fällt das silbern glänzende Boot durchaus auf. Als hätte jemand ein Riesenboot ins Miniatur Wunderland gestellt oder zu viel Jonathan Swift und seine Erzählungen von "Gullivers Reisen" gelesen.

Hier handelt es sich um einen außergewöhnlichen Auftrag, mindestens aber um keinen alltäglichen. Bug- und Heckspitze zwängen sich mit Ach und Krach auf den Betriebshof der Metallbaufirma. "Es ist doch größer, als man anfangs denkt", sagt Damschen, während ein Schlosser letzte Schweißnähte vom Aluminium schleift. Der Geschäftsführer sagt: "Etwa 40 einzelne Platten sind hier verbaut worden." Insgesamt stecken drei Tonnen Aluminium im Projekt. Hinzu kommt ein 1000 Kilo schwerer Stahlfuß, der dem Schiff einen niedrigen Schwerpunkt und die nötige Balance verleihen soll, wenn es auf seinem endgültigen Ruhepol, einem Ponton, fixiert wird.

Schiffbruchgefahr besteht für Menschen aber ohnehin nicht, denn das Boot ist nicht begehbar. Vielmehr dient es vom 823. Hafengeburtstag an als Attraktion und originelles Fotomotiv auf Hamburgs Gewässern. Man kann Freiheit und Weite hinein interpretieren. Oder Aufbruch und Ankunft. Oder Heimat am Horizont. In jedem Fall soll es den Hamburgern im Jahr der Abendblatt-Aktionen zeigen, dass diese Zeitung seit ihrer Gründung mit ihren Lesern in Verbindung kommen möchte. "Dem Leser wohltun", nannte es Axel Springer einmal. Dieser Tradition fühlt sich auch das Zeitungsboot verpflichtet. Es ist ein Geschenk von Hamburgern für Hamburg und seine Gäste. Im Idealfall transportiert es ein Gefühl.

"Dass wir das Schiff überhaupt bauen konnten, bedurfte einiger Vorbereitung", sagt Frank Damschen. Er, der nebenan bei Blohm + Voss gelernt hat, nahm den Auftrag zwar in dem Selbstverständnis an, es irgendwie zu schaffen, doch es war mühsam.

Er musste den Bauplan selbst skizzieren, einer Expertin schicken, die dann wiederum die Detailarbeit leistete. Statik und Balance mussten beachtet werden, erst dann konnte es in die Praxis gehen. "Es ist eben ein Unikat", sagt Damschen. "Und es war eine ganz schöne Herausforderung." Seine Mitarbeiter Sven Mittelstädt, Jörg Rudolf, Sebastian Elkereit und Fabian Nodop brauchten insgesamt 14 Tage, um die Einzelteile zu einem großen Ganzen wachsen zu lassen.

Dabei waren am Anfang nur vier Millimeter dicke Aluminiumplatten. In einer Betriebshalle wurden sie zu acht Einzelteilen zusammengesetzt, die Bug- und Heckteile angeschrägt. Die Endmontage musste wegen der Ausmaße nach draußen verlagert werden. Dort erhielt das Schiff seine Kontur. Schlosser Jörg Rudolf: "Es war nicht ganz einfach, die Größenordnung umzusetzen. Aber vom Ergebnis sind wir alle recht angetan." Es kommt eben nicht alle Tage vor, ein knapp sechs Meter hohes Papierschiff zu entwickeln.

Zumal die Arbeit mit dem Rohbau nicht abgeschlossen war. "Als wir fertig waren", sagt Hopfgarten-Geschäftsführer Damschen, "kamen die Folien-Spezialisten". Um die Zeitungsoptik des Schiffs zu erreichen, hefteten Fachleute den typischen, in der Schriftart Klingspor gehaltenen Titelkopf des Hamburger Abendblatts ans Boot. Hinzu kommen weitere Details, die erst bei der Enthüllung verraten werden.

Apropos: Symbolisch enthüllt wird das Abendblatt-Schiff am kommenden Freitag während des Hafengeburtstags an der Überseebrücke (siehe Text rechts). Davor muss es aber noch vom kleinen Betriebsgelände auf die Norderwerft gehievt werden. Dort wird das Abendblatt-Schiff dann auf einem Ponton verschweißt.

Auf dem Wasserweg geht es dann weiter zum Nordufer der Überseebrücke, wo das Schiff zur Premiere festmachen wird. Danach wird es immer wieder den Standort wechseln. Denn Hamburg hat zu viele schöne Hintergründe, um nur vor einem Eindruck zu machen.

Man darf also gespannt sein, wie sich dieses Unikat macht. "Schon bei uns auf dem Hof hat es für viel Aufsehen gesorgt", sagt Frank Damschen. Es sei zweifellos ein nicht alltäglicher Anblick, wirke auf Passanten ungewöhnlich und erfülle damit seine Funktion schon jetzt. Es ist ein origineller Blickfang. Und eine neue Seite Hamburgs.

Alle Aktionen

Jeden Monat belebt das Abendblatt in diesem Jahr eine der erfolgreichen Aktionen aus seiner Geschichte Leser neu:

Februar: Die Hochzeitskutsche

März: Der Frühlingsgruß

April: Das Lieblingsmenü

Mai: Das Abendblatt-Schiff

Juni: Herr Lombard lebt

Juli: Das Sommerrätsel

August: Bürgermeister-Barkasse

September: Wer will mich haben?

Oktober: Sparen und genießen

November: Lieblingsstücke

Dezember: Märchen im Michel