Die Einkaufspassage wird saniert. Mieter müssen im Juli ausziehen - die Rückkehr ist ungewiss. Kommt danach ein Vapiano-Restaurant?

Neustadt. Eine Architektur aus den späten 70er-Jahren, sichtbare Wasserschäden an den Wänden, Mäuse im Keller und wenig Kunden - die Passage Neuer Gänsemarkt hat ihre Glanzzeit lange hinter sich. Jetzt soll die Verbindung zwischen Gänsemarkt und Poststraße umgestaltet und aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt werden, bis Ende Juli müssen alle Mieter ausziehen.

Nach Auskunft der zuständigen Verwaltung Gator wird die Passage geschlossen, weil die Haustechnik im Keller dringend erneuert werden müsse. Wie es nach dem Umbau weitergehe, wisse man noch nicht, sagt Gator-Mitarbeiter Tilman Kriesel.

Nach Abendblatt-Informationen gibt es Überlegungen, dort eine Filiale der Restaurant-Kette Vapiano einzurichten. Das wäre naheliegend, gehört die Immobilie am Gänsemarkt doch der Familie Herz (Tchibo-Erben). Günter Herz, der seine Tchibo-Anteile 2003 verkaufte, ist seit 2011 an Vapiano beteiligt. Dazu Michael Jörn, bei Vapiano zuständig für Immobilien: "Der Standort hat eine für uns sehr interessante Lage." Bestätigen wollte er das Vorhaben jedoch nicht. Zumal nicht klar sei, ob dort später überhaupt Flächen für Gastronomie vorgesehen seien.

+++ Die Herz-Familie +++

Die meisten der neun Ladenmieter wissen noch nicht, wie es für sie weitergeht. "Wir haben keine Ahnung, ob wir nach dem Umbau zurückkönnen oder uns dauerhaft woanders niederlassen müssen", sagt einer. Während Polo Sylt und das Schmuckgeschäft Touch noch nach neuen Standorten suchen, haben die Modeläden Umani und Oska bereits Dependancen ganz in der Nähe eröffnet - wobei Umani nach dem Umbau wieder an die Poststraße ziehen soll. Das Bekleidungsgeschäft Thomas-i-Punkt dagegen - seit 40 Jahren neben dem Eingang der Passage am Gänsemarkt - hofft noch darauf, während der Bauarbeiten bleiben zu können. "Wir würden uns das sehr wünschen, denn der Gänsemarkt ist für uns ein wichtiger Standort", sagt Alexandra Friese, Tochter des Firmengründers Thomas Friese.

Auch Fariba Karimi sucht nach einem neuen Standort. Sie betreibt unter dem Namen Die Ballkönigin in der Passage seit zwölf Jahren eine Schneiderei und seit 2007 ein Geschäft für Abendmode. Dass im Sommer dieses Jahres Schluss für beide Läden sein soll, erfuhren sie und ihre Söhne bereits, als sie vor fünf Jahren die 300 Quadratmeter große Verkaufsfläche anmieteten. "Für diese hatten wir von Anfang an nur einen befristeten Mietvertrag", sagt Fariba Karimi. Der Vertrag für die 65 Quadratmeter große Schneiderei läuft eigentlich noch bis 2017. "Es wird sehr schwer, bei den teuren Mieten in der Innenstadt einen Laden zu finden, der groß genug für die Lagerung und den Verkauf unserer mehr als 1000 Ballkleider ist", sagen die Karimis.

Auch die Tage des Selbstbedienungsrestaurants Essen und Trinken könnten gezählt sein. Zwar haben die Schwestern Lin Mi und Li Lian King, die den Laden vor zehn Jahren übernahmen, noch einen gültigen Mietvertrag. Doch ob sie den Betrieb während der Umbauarbeiten in der angrenzenden Passage aufrechterhalten können, ist laut Gator-Mitarbeiter Tilman Kriesel nicht klar. Die beiden Chinesinnen möchten über ihre Situation nicht sprechen. "Wir haben uns entschieden, keine Auskunft zu geben", sagen sie.

Dass die kleine und einst feine Einkaufspassage dringend einer Schönheitskur bedarf, ist allen Mietern klar. "Hier laufen nicht nur im Keller Mäuse herum", sagt eine Verkäuferin. Dagegen sei ebenso wenig etwas unternommen worden wie gegen durchgebrannte Glühbirnen und den Wasserschaden von 2011 - oder die eigenmächtig festgelegten Öffnungszeiten mancher Mitmieter. So schließe das Café Oh, it's fresh täglich um 16 Uhr und öffne sonnabends gar nicht mehr.

Die Umgestaltung der Passage Neuer Gänsemarkt könnte der Anfang eines großen "Revitalisierungsprojektes" zwischen Gänsemarkt und Poststraße sein. So gab die Familie Herz 2011 einen Wettbewerb in Auftrag, der sich mit der Neuentwicklung von fünf ihrer Immobilien in dem Areal beschäftigte, darunter drei denkmalgeschützte. Dabei geht es um die Gebäude am Gänsemarkt, in denen das Restaurant Essen und Trinken sowie die Passage untergebracht sind, zwei Immobilien an der Poststraße (Sitz von Umani und Feldenkirchen), sowie den Neubau eines Büro- und Geschäftshauses an der Gerhofstraße.

Der Siegerentwurf für das Gesamtprojekt trägt den Namen "Girardethöfe" und stammt vom Hamburger Architekturbüro Kleffel Papay Warncke. Namensgeber ist das historische und opulent im Jugendstil gehaltene Girardethaus am Gänsemarkt 21-23. Auf mehr als 10 000 Quadratmetern sehen die Architekten bei den Girardethöfen im Erdgeschoss Einzelhandels- und Gastronomieflächen vor, in den Obergeschossen Büro- und Wohnflächen.

Allerdings schränkt Kriesel ein: "Eine Realisierung dieses Entwurfs ist in naher Zukunft nicht geplant." Er bestätigt nur, dass Veränderungen am Gänsemarkt bevorstehen. "Hier wird sich vieles tun. Wir beobachten die Entwicklung des Quartiers aufmerksam, um uns zu gegebener Zeit an einer Aufwertung beteiligen zu können."