Armin Valet, 45, ist Lebensmittelchemiker und Ernährungsexperte bei der Verbraucherzentrale Hamburg

1. Hamburger Abendblatt:

EHEC - diese vier Buchstaben für den Darmerreger bestimmen die Schlagzeilen. Steckt dahinter eine echte Bedrohung oder nur ein Hype?

Armin Valet:

Beides. Eine EHEC-Infektion ist eine sehr schwere Krankheit, besonders die Variante, an der die Betroffenen in Norddeutschland leiden, da sie schlimme Auswirkungen auf die lebenswichtigen Nierenfunktionen hat. Alle Spekulationen rund um die Ursache hingegen sind reiner Hype und verwirren die Verbraucher nur zusätzlich. Da werden viele Ratschläge gegeben, deren Richtigkeit nicht nachweisbar ist. Einiges ist sogar vollkommener Humbug wie der Tipp, auf Bio-Salate zu verzichten, weil diese mit Gülle gedüngt werden. Diese Form der Kopfdüngung wird gar nicht praktiziert.

2. Fleisch, Eier, Obst und Gemüse - ständig wird vor Lebensmitteln gewarnt. Wird unser Essen immer gefährlicher?

Valet:

Das würde ich nicht sagen. Wir haben bei Fällen von Infektionen in den vergangenen zehn Jahren sogar einen deutlichen Rückgang, zum Beispiel bei Salmonellen. Unsere Hygiene ist viel besser geworden. Aber dann gibt es auch Erreger, die besonders hartnäckig und außergewöhnlich im Verlauf sind.

3. Kann man als Kunde nicht erwarten, dass Lebensmittel frei von Krankheitserregern sind?

Valet:

Nein, das kann man nicht zu 100 Prozent. Wir müssen mit Krankheitserregern leben, denn sie kommen in der Natur nun mal vor. Aber sie dürfen bei Lebensmitteln nicht über festgelegten Grenzwerten liegen. Wir müssen selbst mit gezielten Maßnahmen wie gründlichem Waschen dafür sorgen, die Menge von beispielsweise Bakterien so weit wie möglich zu reduzieren. Die Verantwortung liegt da bei den Verbrauchern selbst, aber auch bei den Unternehmen, die die Hygienestandards einhalten müssen.

4. Bei ähnlichen Fällen wie EHEC wurde die Ursache oft nicht gefunden. Sind die Chancen im aktuellen Fall besser?

Valet:

Da bin ich sehr skeptisch. Es ist extrem schwierig, die Quelle zu finden. Die Betroffenen können oft nicht klar erinnern, was sie gegessen haben. Hinzu kommt, dass ja jeder verschiedene Lebensmittel kombiniert. An welchem lag es also dann?

5. Wie schützen Sie sich persönlich vor Ansteckung?

Valet:

Ich treffe keine besonderen Maßnahmen. Ich wasche mein Essen, schäle Obst und Gemüse vor dem Verzehr und erhitze Fleisch, bis es völlig durch ist. Aber das ist eine grundlegende Hygiene, die jeder an den Tag legen sollte, und hat nichts mit EHEC zu tun. Alle anderen Verhaltensweisen bis zum Verzicht auf bestimmte Lebensmittel sind nicht nötig, solange nicht klar ist, wo die Ursache liegt.