Populisten zerstören die europäische Idee

Manchmal erinnert Europa an das berühmte Frosch-Gleichnis. Das besagt, dass ein in kochendes Wasser geworfener Frosch sofort herausspringt, ein Frosch aber im Wasser, das langsam erhitzt wird, verendet. Wissenschaftlich mag das Experiment umstritten sein, doch seine Aussage trifft. Was schleichend passiert, wird in seinen Gefahren übersehen oder verharmlost. Auch in Europa wird es immer hitziger. Jüngstes Beispiel ist der dänische Affront, die Grenze zu Deutschland trotz des Schengener Abkommens nun wieder schärfer zu kontrollieren. Dabei war gerade diese Übereinkunft aus dem Jahr 1985 ein Meilenstein Europas und die Verwirklichung der Vision einer ganzen Generation: Schlagbäume sollte es in einem geeinten Europa fortan nicht mehr geben.

Inzwischen gibt es wieder Schlagbäume, leider aber keine Einigkeit mehr. Beschleunigt durch die Euro-Krise und die griechischen Betrügereien schlägt die Stunde der Populisten und Nationalisten. Sie profilieren sich mit dem Feindbild Europa, zeichnen ein verzerrtes Bild der Brüsseler Bürokratie, warnen vor einer ausufernden Transferunion und wachsender Überfremdung. Nun sind Rechtspopulisten in vielen europäischen Staaten kein neues Phänomen, neu aber ist, dass sie an den Schalthebeln der Macht sitzen. Als Jörg Haider 1999 Österreich mitregierte, brach noch ein Sturm der Entrüstung los. Heute regieren Populisten in Dänemark oder Finnland mit, in den Niederlanden nimmt Geert Wilders eine Schlüsselstellung ein. Selbst in den Staaten, in denen die Populisten nicht an der Macht sind, bestimmen sie den politischen Diskurs und treiben Regierungen vor sich her.

Es muss alarmieren, dass inzwischen schon Meilensteine der europäischen Einigung ohne großen Widerstand geschleift werden können wie nun die Reisefreiheit. Statt Dänemark auf Geist und Gehalt des Schengener Abkommens zu verpflichten, denken andere in Europa schon weiter und erwägen ihrerseits Grenzkontrollen. Während die Gegner Europas stärker werden, sind seine Befürworter Leisetreter, die Bürger schweigen. Die europäische Einigung aber ist kein Selbstläufer, sondern kann zum Stillstand kommen, degenerieren, scheitern. Wie schnell das gehen kann, zeigt bald schon ein Abstecher an die deutsch-dänische Grenze.