Die Attrappe einer Dornier-Pilotenkanzel soll der Ausbildung von Studenten und der Forschung dienen. Freitag wird sie in Borgfelde aufgestellt.

Hamburg. Der Luftfahrtstandort Hamburg bekommt eine neue Attraktion: Das originalgetreu nachgebaute Cockpit eines Dornier-728-Regionaljets soll die Ausbildung von Flugzeugbau-Studenten bereichern und die Forschung voranbringen. Morgen wird die teilweise funktionsfähige Attrappe im neuen Schulungszentrum HCAT in Borgfelde aufgestellt.

"Das Dornier-Cockpit ist das modernste in Kurz- und Mittelstreckenflugzeugen, fortschrittlicher als in den aktuellen kleineren Airbus-Jets", sagt Werner Granzeier, Professor für Fahrzeugtechnik und Flugzeugbau an der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW). Er hat an der Entwicklung des Pilotenarbeitsplatzes der Dornier 728, die wegen der Pleite des Unternehmens im Jahr 2002 nicht in Serie ging, mitgewirkt. "Heute wird dieser Entwurf von verschiedenen Flugzeugherstellern kopiert."

Nicht zuletzt wegen des noch immer aktuellen technischen Stands hat das Modell für den Luftfahrtstandort Bedeutung. "In der deutschen Industrie ist die Kompetenz zur Entwicklung von Passagierflugzeugcockpits bereits verloren gegangen, weil innerhalb des Airbus-Verbunds Frankreich dafür zuständig ist", erklärt Granzeier. "Wir möchten den Studenten aber die Möglichkeit geben, die entsprechenden Fähigkeiten zu erlernen. In der Forschung soll es unter anderem darum gehen, wie man Flugzeuge über die jahrzehntelange Lebensdauer an neue Generationen von Bordelektronik anpassen kann. Außerdem lassen sich neue Beleuchtungskonzepte auf LED-Basis erproben.

"Cockpits werden von Ingenieuren entwickelt, gutes Design spielt dabei eine zu geringe Rolle", findet Granzeier. "Störende Kanten und Lichtreflexe nerven die Piloten auf langen Flügen." Der mögliche Übergang auf ein Ein-Personen-Cockpit könnte ein weiterer Forschungsansatz sein.

Nicht zuletzt aufgrund dieser neuen Möglichkeiten haben US-Universitäten aus San Diego und Long Beach bereits Interesse an einer Zusammenarbeit mit den Hamburgern. Doch auch als Experimentierfeld für Zulieferer, zum Beispiel Cockpitsitzhersteller, ist das Modell geeignet. "Dass nur ein Exemplar gebaut wird, ist eigentlich zu wenig", sagt Granzeier mit Blick auf die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten.

An den Kosten von 120 000 Euro für die rund 500 Kilogramm schwere Flugzeugkanzel beteiligt sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Gefertigt wird das Modell bei der Firma Möbius in Barsbüttel direkt vor den Toren Hamburgs, und das ist kein Zufall: "Wir haben schon in den 1990er-Jahren einen Dornier-Cockpitsimulator produziert", sagt Möbius-Geschäftsführer Wolfgang Uecker.

Hauptsächlich besteht das originalgroße Modell aus glasfaserverstärktem Kunststoff, ein Rahmen aus Metall sorgt für Stabilität. Auch Elektronik und Ventilatoren für die Belüftung sind eingebaut. Bis zu zehn der insgesamt 30 Möbius-Beschäftigten haben mitgearbeitet. "Die Luftfahrt macht ungefähr 30 Prozent unseres Geschäfts aus", sagt Uecker. So produziert das Unternehmen unter anderem Werkzeuge für Lufthansa Technik. Einer der großen Kunden ist Beiersdorf: "Wenn dort eine neue Form von Shampooflaschen in Serie gehen soll, bauen wir die Abfüllmaschinen darauf um."

Immer wieder erhält Möbius jedoch auch außergewöhnliche Aufträge, deren Produkte in den Regalen des Firmengebäudes bei Besuchern für Erstaunen sorgen. Da sind zum Beispiel Wurst-Attrappen, die zur Einführung der "Du darfst"-Produkte von den Vertretern des Herstellers verwendet wurden: Die Haut ist original, der Inhalt täuschend echt aus fleischfarbenem Silikon nachgebildet.

Gleich daneben liegen weiße Ferrero-Raffaello-Kugeln, denen man nicht ansieht, dass sie aus Kunststoff sind. Sie wurden extra für die Dreharbeiten zu den Fernsehwerbespots angefertigt - die realen Kokos-Mandel-Pralinen wären in der Sonne von Barbados zu schnell aus der Form geraten.