So sieht also der Aufbruch der FDP aus: Da ist ein 65 Jahre alter gewiefter Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, der sich eisern an seinen Posten als Vizevorsitzender klammert, als ob dieser mehr wert sei als sein Ministeramt. Da ist eine rhetorisch und inhaltlich blasse Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger, der bis heute nicht gelungen ist, ihr mächtiges Amt mit Autorität zu füllen und die Fraktion zum natürlichen Gegengewicht der Regierung auszubauen. Und da ist ein designierter Parteichef Philipp Rösler, der seit seiner Ausrufung zum Nachfolger Guido Westerwelles abgetaucht scheint. Selbst wenn er einen Plan über die Zukunft der Partei und deren personelle Neugestaltung hat: Dass die Öffentlichkeit in dieser Sache bislang noch nichts von ihm gehört hat außer dem Wunsch, mehr Frauen an der Spitze zu sehen, wirkt wenige Tage vor dem Bundesparteitag bedenklich.

Es mag ja sein, dass Rösler in der Rolle des moderierenden - und nicht diktierenden - Parteichefs einen sanfteren Führungsstil als Westerwelle verkörpern will. Nur fällt das öffentlich ausgetragene Hauen und Stechen um die Postenverteilung langsam auf ihn selbst zurück. Den Beweis seiner Durchsetzungsstärke, jener obligatorischen Grundeigenschaft eines Parteichefs, hat der Gesundheitsminister noch nicht erbracht. Vielmehr hat sich der Eindruck verfestigt, Rösler habe sich noch vor Amtsantritt den Schneid abkaufen lassen. Er muss im ungeliebten Amt des Gesundheitsministers verharren. Beim Versuch, Wirtschaftsminister zu werden, ist er kläglich gescheitert. Aber soll es das schon gewesen sein? Die Rösler-FDP muss sich radikaler erneuern als allein in Präsidium und Vorstand. Andernfalls droht Rösler ein Fehlstart als Vizekanzler, von dem er sich bis zur Bundestagswahl 2013 nicht erholt. Die zweite Regierungsphase gelingt der FDP nur mit einer starken Fraktionsführung und einem liberalen Parteichef, der ein Ministeramt innehat, das eines Stellvertreters der Bundeskanzlerin auch würdig ist.

Gut möglich, dass sich das Problem Homburger beim baden-württembergischen Parteitag von selbst löst. Sollte sie als Landeschefin nicht oder nur mit einem miserablen Ergebnis wiedergewählt werden, dann wird sie in der Fraktion kaum noch zu halten sein. Das andere Problem, das der Kabinettsumbildung, muss aber Rösler lösen. Der Weg des geringsten Widerstands wäre vielleicht sogar der klügste: Den auch im Außenamt glücklosen Westerwelle ein zweites Mal abzulösen würde in der FDP wohl die wenigsten stören.