Der Unterschied zum Fußball, so stand es vor zwei Wochen an dieser Stelle geschrieben, sei, dass die deutschen Eishockeymänner den Titel bei einer WM nur im Märchen gewinnen könnten. Nun stehen sie plötzlich im Halbfinale und dürfen von der ersten Medaille seit 1953 träumen, während die Kicker fürchten, ihre Südafrikareise wegen des Ausfalls von Kapitän Michael Ballack schon nach der Vorrunde abbrechen zu müssen.

Die vergangenen 14 Tage belegen erneut, wie schnelllebig der Sport ist. Und sie zeigen, worauf es für die Auswahl von Bundestrainer Uwe Krupp nun vor allem ankommen sollte: Sie müssen den Augenblick genießen. Ein Spiel wie das Halbfinale an diesem Sonnabend gegen den Topfavoriten Russland erleben sie in ihrer Karriere möglicherweise kein zweites Mal.

Bleiben wir realistisch: Ein Sommermärchen, wie es die Fußball-WM 2006 war, würde es selbst bei einem Titelgewinn nicht geben. Es werden keine Millionen mit Fähnchen am Auto durch die Straßen fahren, Jugendliche werden nicht zu Tausenden in die Eishockeyvereine strömen. Vielleicht geben diese Titelkämpfe dem Sport einen temporären Schub, vielleicht steigt Deutschland schon nächstes Jahr wieder in die B-Gruppe ab.

Ganz sicher aber können zwei Dutzend deutsche Puckjäger sich, ihren Trainern und den vielen Fans mit Leidenschaft und Teamgeist einen Traum erfüllen, der noch vor 14 Tagen zu groß erschien, um ihn sich zu gestatten. Sie können für ein paar Tage zu Märchenfiguren werden. Genießen wir mit ihnen den Augenblick.