Die studierte Sexologin rät jungen Eltern, weiterhin viel gemeinsam zu unternehmen, um ein Paar zu bleiben.

Hamburger Abendblatt: Wann sollten junge Eltern wieder gemeinsam ausgehen?

Henning:

Ich bin der Meinung, dass Eltern gar nicht erst aufhören sollten, gemeinsam, also ohne Kind, auszugehen. Ein Kind muss nicht das ganze Leben auf den Kopf stellen. Obwohl sich tatsächlich ein paar Dinge ändern, sollte man die Zweisamkeit und den Partner nicht aus dem Auge verlieren. Schon nach drei bis vier Wochen kann man sich die erste kleine Auszeit ohne Kind für ein paar Stunden gönnen.

Wie wichtig ist diese Auszeit?

Für eine Partnerschaft unermesslich wichtig. Viele Mütter tendieren dazu, ihre ganze Zärtlichkeit mit dem Kind auszuleben,und vergessen dabei den Mann, wodurch unter anderem die Sexualität leidet. Gerade Sexualität ist aber eine gute Möglichkeit, Spannungen abzubauen und wieder zueinanderzufinden, sich wieder nahe zu sein. Passiert das nicht, startet ein negativer Kreislauf: noch mehr Stress, noch weniger Zärtlichkeit und so weiter ... Dem muss man rechtzeitig vorbeugen, indem man ausgeht und Dinge zu zweit unternimmt wie früher. Also ohne Kind!

Aber gerade viele Mütter sorgen sich, ihr kleines Baby allein zu lassen ...

Ich rate dazu, es trotzdem zu tun, damit es von Anfang an als ganz normal gilt. Man kann die Familie als Babysitter nutzen. Wer sich besondere Sorgen macht, bringt das Kind bei Freunden unter, die selber Kinder haben, oder achtet darauf, eine nicht allzu junge Person für die Aufsicht zu finden. Babysitter sollte derjenige sein, zu dem man am meisten Vertrauen hat. Man kennt sein Kind selber am besten und weiß, wer damit klarkommt. Ein befreundetes Paar ist eine gute Lösung, weil man das Spielchen dann auch umgekehrt machen kann. So hat jeder etwas davon.

Wie gelingt das erste Date nach der Geburt des gemeinsamen Kindes?

Es wäre toll, wenn es so früh wie möglich stattfindet, am besten bereits wenige Wochen nach der Geburt. Da die Frau körperlich noch nicht wieder fit ist, empfehle ich ein paar Stunden im Wellnessbereich eines Fitnessstudios oder schönen Hotels mit Massagen, Tee oder sogar Champagner. Ebenfalls toll ist "Floaten" ( www.float.de ): Leise Musik benebelt das Gehirn, während man die "Schwerelosigkeit" auf sich wirken lässt. Wichtig dabei sind die stressdämpfenden Hormone, die den Körper durchfluten. Danach fühlt man sich wie neu geboren und dem Partner ganz nah. Später empfehle ich Kino-Abende mit anschließendem Drink an der Bar. Oder romantische Abendessen, für die beide Partner mal wieder das Beste aus sich machen. Und Mann und Frau sind, nicht "Vater" und "Mutter". Das versäumen viele Paare.

Verändert ein Kind die Beziehung der Eltern wirklich so grundlegend?

Ich habe selber einen Sohn und schon in der Schwangerschaft sagten alle: "So, jetzt ist das Leben, wie es vorher war, vorbei!" Aber so war es gar nicht. Nicht nur die Eltern stellen sich auf das Kind ein, sondern das Kind stellt sich auch auf seine Eltern ein.

Was sind die häufigsten Probleme, mit denen Eltern zu Ihnen kommen und um Rat bitten?

Es ist meistens die kaum noch vorhandene Sexualität, weil sie sich keine Zeit mehr nehmen oder müde und überfordert sind. Dadurch entsteht Stress, und man kommt gar nicht mehr zusammen. Außerdem denken viele Paare, dass der Sex so sein müsste wie früher: spontan und wild! Mit Kindern im Haus geht das aber nicht ganz so. Eine gute Möglichkeit ist tatsächlich Sex nach Termin. Hört sich komisch an, funktioniert aber. Dem Körper ist es egal, wie romantisch der Sex ist. Die Hormone, die einem so gut tun und die Partner wieder zusammenbringen, sind trotzdem vorhanden. Sex ist wie ein Muskel, er muss benutzt werden. Mein Ratschlag: ehrlich sein, alles mit Humor nehmen. Was zählt ist nur die Liebe.