Sprechen wir über Zehnjährige, dann sprechen wir über Kinder. Kinder irgendwo zwischen Kommunion und Konfirmation, zwischen Grund- und weiterführender Schule. Vielleicht sprechen wir auch von den ersten Anzeichen der Pubertät. Wir sprechen aber nicht vom Beginn eines schwer kriminellen, todbringenden Lebenswegs. Elias A., dem vorgeworfen wird, im Bahnhof Jungfernstieg einen Mann erstochen zu haben, war zehn, als seine kriminelle "Karriere" begann. Ein Kind eben. Gerade deshalb macht dieser Fall so traurig und wütend.

Der ersten Straftat des damals noch Strafunmündigen folgten etliche. Die Vorwürfe: Köperverletzung, Diebstahl, Erpressung. Genug, um in die Kartei der gefährlichsten Hamburger Jugendlichen aufgenommen zu werden. Zu wenig, um Elias vorübergehend "aus dem Verkehr" zu ziehen, um Menschen vor ihm, aber auch ihn vor sich selbst zu schützen. Es gab nicht eine Verurteilung, weshalb sich Fragen des Versagens aufdrängen. Warum erkennen Polizei und Staatsanwaltschaft einen Jugendlichen, der immer weiterraubt und -prügelt, so spät als Intensivtäter? Was bringen normverdeutlichende Gespräche mit einem Jungen, der nicht von seinem kriminellen Tun lässt? Warum greifen Richter nicht durch? Niemand kann sagen, ob der Tod vom Jungfernstieg dann hätte verhindert werden können. Aber vielleicht hätten intensiveres Hinschauen und konsequenteres Handeln dazu führen können, einem Jugendlichen Werte zu vermitteln, wie wir sie erwarten dürfen.

Politischer Aktionismus hilft nicht weiter. Härtere, kaum kontrollierbare Gesetze wie ein hamburgweites Waffenverbot bringen nichts, wenn bestehende Instrumente schon nicht ausreichend genutzt werden. Das beste Beispiel dafür ist die Freilassung der Verdächtigen im "20-Cent-Fall". Nur wenige Tage vor der Verhandlung wegen Totschlags schickt ein Richter die beiden Männer ohne Auflagen wieder nach Hause. Das klingt für Kriminelle nach einem Freibrief.