Jürgen Funke-Wieneke erklärt, in welchem Alter Kinder welchen Sport treiben sollten

Der Professor für Bewegungs- und Sportpädagogik empfiehlt, vor allem das "goldene Zeitalter" zwischen zehn und zwölf Jahren auszuschöpfen.

Hamburger Abendblatt:

Wann sollten Kinder mit Sport anfangen?

Prof. Jürgen Funke-Wieneke:

Vom ersten Tag an mit ihren Eltern. Das fängt mit Fingerspielen, Strampeln, Beinbewegungen und Rutschen an. Eltern sollten sich auf die Bewegungsimpulse ihres Kindes einlassen und sich mit ihrem Kind bewegen. Huckepacktragen wäre später eine weitere Übung wie Versteckspielen, Kugeln hin- und herrollen. Im Alter von drei Jahren empfiehlt sich für Eltern und Kind der Besuch sportlicher Bewegungsgruppen, im Schulalter der von sportbezogenen Kindergruppen. Nicht unterschätzt werden darf: Wenn sich Eltern nicht bewegen, werden es ihre Kinder auch nicht tun.

Welches ist der richtige Sport in welchem Alter?

Es gibt eine Entwicklungslinie von der Kindheit ins Jugendalter, vom vielseitigen Spielen und Bewegen bis zum spezialisierten Sporttreiben. Bis zum zwölften Lebensjahr sollte die sportliche Ausbildung möglichst breit und spielerisch erfolgen. Die Wissenschaft spricht vom "Goldenen Zeitalter" zwischen zehn und zwölf Jahren, in der die Funktionen des zentralen Nervensystems ausgebildet werden. In dieser Phase lassen sich die vielfältigen Bewegungsmöglichkeiten am besten aneignen. Dieses Potenzial würde bei einer frühzeitigen Spezialisierung auf eine Sportart nicht ausgeschöpft. Es spricht nichts dagegen, mit sechs Jahren in einen Fußball- oder Hockeyverein zu gehen, nur sollte man darauf achten, dass der überwiegende Teil des Trainings aus allgemeinen Bewegungs- und Koordinationsübungen besteht.

Was sollten die Kinder in welchem Alter können?

Da kann es nur generelle Orientierungen geben, denn die Entwicklung jedes Kindes verläuft unterschiedlich. Bis zum Alter von zwei Jahren sollte Laufen gelernt sein, mit drei sollten Kinder sich rollen und Purzelbaum schlagen, mit vier Bälle am eigenen Körper fangen und zielgerichtet werfen können. Bobbycar fahren gehört zum Bewegungsrepertoire der Ein- und Zweijährigen, mit drei wäre es der Kinderroller mit vier und fünf das Fahrrad ohne Stützräder. Im Alter von ein und zwei Jahren sollten Kinder an Tauchen und Schwimmen mit Flossen, im Alter von fünf Jahren an die Seepferdchenprüfung herangeführt werden. Mit Skilaufen sollte nicht vor Beginn des fünften Lebensjahres begonnen werden, vorher macht es wenig Sinn.

Wie können Eltern prüfen, ob die Angebote im Sportverein kind- und altersgerecht sind?

Der Übungsleiter sollte als Person glaubhaft und überzeugend sein. Achten Sie auf höfliche Umgangsformen, schicken Sie Ihr Kind nicht zu den Feldwebeln. Übungsleiter sollen zwar bestimmt auftreten, aber nicht autoritär. Ein zentraler Punkt bleibt Gerechtigkeit. Die Atmosphäre im Verein sollte dem Kind Sicherheit und Geborgenheit vermitteln. Wichtig ist auch, ob Sie immer dabei sein dürfen. Gute Programme zeichnen sich durch Abwechslung aus.

Worauf müssen Eltern achten, wenn ihr Kind Leistungssport treiben will?

Leistungssport kann eine tolle Sache sein, wenn das Bewegungstalent und der Wille vorhanden sind. Es gibt allerdings einiges zu bedenken. Grundvoraussetzung ist ein intaktes Vertrauensverhältnis. Ihr Kind muss Ihnen alles ohne Vorbehalte erzählen können, was beim Training passiert. Es geht beim Leistungssport nicht nur um die optimale Förderung Ihres Kindes, Vereine wollen auch dieses Talentes habhaft werden. Da hängen zum Teil berufliche Karrieren dran. Das Wohl Ihres Kindes steht dabei nicht immer oben an.

Kann zu viel Sport schädlich für die Entwicklung des Kindes sein?

Bewegung fördert nicht nur die motorischen Fähigkeiten des Kindes, sondern auch seine kognitiven. Bewegung ist für die körperliche und geistige Entwicklung ein zentraler Baustein. Zwei- bis dreimal die Woche zum Sport gehen ist ein vernünftiges Maß.