Einmarsch der Athleten. "Kaaaaliiiiii!", schallt es uns entgegen, kaum dass die Tür zur Halle im Sportzentrum des Eimsbütteler Turnverbands hinter uns zufällt. Das Einlaufen der HSV-Profis ins Stadion ist nichts gegen die Lautstärke und Begeisterung, die uns entgegen - ja - springt. Dabei sind wir spät dran, weil Karla wie immer getrödelt hat. Wir mussten erst unseren Trumpf aus dem Ärmel ziehen: "Wenn du dich nicht beeilst, gehen wir nicht zum Sport." Dooooch! Tränen, und plötzlich ging das Anziehen ganz schnell.

Nun sind wir also wieder mittendrin, wie an fast jedem Wochenende in den vergangenen zwei Jahren. Damals hatte es noch nicht den neumodischen Namen "Weekend-Kids", es hieß schlicht Eltern-Kind-Turnen, und wir kannten niemanden. Später kamen die Freunde dazu, und die brachten wieder ihre Freunde mit, und inzwischen ist die halbe Kita dabei.

Unzählige Sonnabend- und Sonntagvormittage hat uns der ETV gerettet. Wir brachten ein hibbeliges Kind hin und bekamen ein ausgeglichenes zurück, das seinen Bewegungsdrang ausgelebt, seine Freunde getroffen, schlichtweg seinen Spaß gehabt hat.

Nirgendwo sonst lassen sich die Glücksgefühle, die der Sport freisetzt, so authentisch erleben wie bei den Allerkleinsten. Mal ehrlich: Gibt es etwas Schöneres, als im Schlepptau von Mama oder Papa auf dem Rutschauto durch die Halle zu fegen? Als Hand in Hand mit der besten Freundin auf dem Trampolin zu hüpfen? Gibt es einen größeren Stolz als den, wenn man zum ersten Mal freihändig über eine umgedrehte Bank balanciert, ohne herunterzufallen? Zum ersten Mal einen Ball aus der Luft fängt? Die Antwort lautet: nein.

Natürlich gehören auch Rückschläge dazu. Kürzlich ist Karla vom Reck gestürzt, Gesicht voraus. Aber kaum dass die Tränen getrocknet waren, baumelte sie schon wieder an der Stange. Auch das lernt man beim Sport: wieder aufzustehen, wenn man mal hinfällt, die eigenen Ängste zu überwinden, Gefahren und Grenzen realistisch einzuschätzen.

Der Spaß hört auch beim Aufräumen nicht auf. Denn kaum haben die Eltern die Gerätschaften an ihren Platz zurückgebracht, steht die Bimmelbahn zur Abfahrt bereit. Die Bimmelbahn ist der Mattenwagen. Man glaubt kaum, wie viele Kinder auf diesen 1,5 Quadratmetern Platz finden. Unterwegs blockieren allerlei Tiere die Bahnstrecke, und mit allerlei Geblöke, Gebelle und Gebrüll geht es quer durch die Halle. Am Ende wird gemeinsam gesungen: "Alle Leut' gehn jetzt nach Haus."

Alle Leut? Karla denkt nicht daran. Die meisten Kinder sind längst im Freien, da hört man ihre nackten Füße noch immer durch die Halle watscheln. Und ich habe keinen Trumpf mehr, den ich ausspielen könnte. Ich greife zum letzten Mittel: "Tschüs, Karla!" Neiiin! Tränen, plötzlich geht das Anziehen ganz schnell. Ich gebe ihr das Versprechen, dass wir nächste Woche wiederkommen, woran ich mich natürlich halten werde. Alles andere wäre unsportlich.