Ein 55 Jahre alter Vater, der anonym bleiben möchte, spricht über die Schwierigkeiten, nach der Trennung seinen Sohn zu sehen:Am 18. Geburtstag meines Sohnes konnte mir niemand mehr etwas vorschreiben. Deswegen ging ich an diesem Tag direkt in seine Schule, nachdem ich ihn sechs Jahre lang nicht sehen durfte. Zu erleben, wie mir mein Kind entfremdet wird und seine Mutter unseren Kontakt boykottiert, hat mich ohnmächtig und krank gemacht. Ich konnte nicht mehr schlafen. Ich war fertig mit Jack und Büx und hatte nach jahrelangem Kampf um ein Umgangsrecht mit ihm aufgegeben.

Doch an seinem 18. Geburtstag zählte nur noch seine eigene Reaktion. Mit einem Mal stand ein junger Mann neben mir, den ich nur als kleinen Jungen kannte. Er erkannte mich zuerst, fiel mir um den Hals und heulte wie ein Schlosshund.

Händchen haltend gingen wir in das nächste Café und sprachen uns zwei Stunden lang aus. Mir fiel ein Felsen vom Herzen, als ich merkte, dass mein Sohn mich genauso vermisst hatte wie ich ihn. Schon vor seiner Geburt 1991 trennte ich mich von seiner Mutter. Ich wusste nicht, dass sie schwanger war. Wir hatten eine acht Jahre lange sehr schwierige Beziehung hinter uns, die unter ihrer psychischen Erkrankung litt. Eigentlich hatte ich gedacht, wir würden es mit viel Liebe schaffen, aber da hatte ich mich getäuscht. Verheiratet waren wir nicht. Nach der Geburt hatte ich ein sehr gutes Verhältnis zu meinem Sohn, auch wenn die Mutter erst nach eineinhalb Jahren zustimmte, dass ich meine Vaterschaft anerkenne. Ihre Zustimmung ist gesetzlich vorgeschrieben. Ich betreute meinen Sohn etwa zu einem Drittel. Auch wenn seine Mutter plötzlich unverabredet mit ihm vor meiner Tür stand und ihn einfach bei mir für unbestimmte Zeit abgab, war ich für ihn da.

Mit seinem 6. Lebensjahr begannen die Schwierigkeiten. Es gab einen neuen Stiefvater. Da wir nicht verheiratet gewesen waren, war meine rechtliche Situation schwierig. Erst 1998 hatte ich nach dem neuen Kindschaftsrecht die Möglichkeit, auf Sorgerecht und Umgangsrecht zu klagen. Offiziell sollte ich meinen Sohn auch alle 14 Tage und die Hälfte der Ferien und Feiertage sehen, aber das hat die Mutter boykottiert.

Die Gerichte reagieren in solchen Fällen nur sehr zögerlich. Leider habe ich einen Rückzieher gemacht, als es um ein psychiatrisches Gutachten zum Gesundheitszustand der Mutter ging. Ich wollte ihr keine Schwierigkeiten machen. Aber dann hätte ich wohl das Sorgerecht bekommen. Stattdessen brachte die Mutter unseren Sohn so weit, dass er nach dem zwölften Geburtstag selbst den Kontakt zu mir abbrach. Inzwischen sehen wir uns und telefonieren wieder regelmäßig. Das Bedürfnis danach haben wir beide. Aber die sechs Jahre können wir nicht mehr aufholen.