Der SPD-Politiker und Bezirksamtsleiter Mitte lehnt eine Sanierung sowie Neubauten für die Hochschule am jetzigen Standort ab, weil er sie für unrealistisch hält

Ein etwa fußballgroßer Waschbetonbrocken soll eine Zeit lang mahnend auf dem Schreibtisch des Präsidenten der Hamburger Universität gelegen haben. Er stammte aus der bröckelnden Fassade des Geomatikums, welches stark an die Plattenbauten in der Spätphase der DDR erinnert. Nicht nur hinsichtlich des Geomatikums - in dem ich Mathematik studiert und als studentische Hilfskraft gearbeitet habe - gibt es einen unstreitigen Sanierungsbedarf. Die jetzt beschlossenen 25 Millionen Euro für ein "Sonderprogramm", das die "Schließung" von Teilen der Universität abwenden soll, belegen dies eindrucksvoll.

Gleichzeitig gibt es einen unstreitigen zusätzlichen Flächenbedarf von kurzfristig 40 000 Quadratmetern, längerfristig 60 000 Quadratmetern Hauptnutzfläche. Zum Vergleich haben die vier hässlichen Türme des Bezirksamtes Hamburg-Mitte am Klosterwall zusammen etwa 20 000 Quadratmeter, sodass also längerfristig zwölf dieser zehngeschossigen Türme für Personal, Drittmittelforschung, externe Forschungseinrichtungen und Wirtschaftskooperationen am Universitätsstandort neu gebaut werden müssten.

Sehr nüchtern muss man also fragen: Können Sanierung und Neubau am jetzigen Standort gelingen? Die ehrliche Antwort lautet: Nein.

Eine Sanierung im Bestand, etwa Stockwerk für Stockwerk im Geomatikum, bedeutet für 20 Jahre Baulärm, Dreck, Baustellenverkehr inmitten der Universität. Das wäre nicht nur für mehrere Studierenden-Generationen eine Zumutung, sondern auch für exzellente Wissenschaftler kein Anreiz, einem Ruf nach Hamburg zu folgen. Und ein Neubau in diesem Umfang inmitten eines sehr dicht bebauten Stadtteils würde Nachbarschaftsklagen und Bürgerbegehren ungeahnten Ausmaßes hervorrufen. In meinem Bezirk hat das Bauvorhaben "Wallhöfe" in der Neustadt, in dem das Rechenzentrum einer Sparkasse durch 200 Wohnungen und ein Hotel ersetzt wird, aufgrund einer befürchteten Verschattung von Anwohnern über 20 Eingaben an die Bürgerschaft erzeugt. Eine gewünschte "Parkschranke" zum Martin-Luther-King-Platz konnte die Uni in Verwaltung, Politik und Bevölkerung nicht durchsetzen, da würden zwölf Hochhäuser deutlich schwieriger werden. Ein Ankauf des alten, efeuberankten Postgebäudes in der Schlüterstraße hätte die Universität vor einiger Zeit in die "Ivy League" bringen können, die "Efeu-Liga" der ehrwürdigen US-Universitäten. Der Ankauf durch die Stadt ist gescheitert, das Gebäude bis 2018 vermietet. Warum sollten in der Zukunft viel weiter reichende Ankäufe gelingen?

Ein zumindest teilweiser Neubau an einem anderen Standort ist also aus Sicht der Universität geboten. Dann würde der Universitätsbetrieb nicht über Jahrzehnte gestört. Und wenn die Flächen und die Umgebung Eigentum der Stadt wären, würden Nachbarschaftsklagen, Streit um Verschattungen und Mietminderungen ausgeschlossen. Nur dann ließe sich in den nächsten zehn Jahren die Universität zu einer in Forschung und Lehre exzellenten Hochschule machen. Wenn man Hamburgs Zukunft und Wohlstand sichern möchte, muss man das wollen.

Der nördliche Teil des Kleinen Grasbrooks erfüllt diese Anforderungen in idealer Weise. Er wird städtebaulich im Rahmen des "Sprungs über die Elbe" ohnehin entwickelt, sodass sich hier zwei Entwicklungen wunderbar verschränken lassen. Wobei auch die Hafenwirtschaft von einem "Lärm-Puffer" zwischen der Wohnnutzung in der HafenCity im Norden und der unbestritten wichtigen Hafennutzung im Süden profitiert. Die Handelskammer hat noch vor Kurzem Sportanlagen für die Olympischen Spiele auf dem Kleinen Grasbrook ansiedeln wollen. Jetzt sagt sie, die Universität brauche Anschluss an die Spitze, aber nicht an seeschifftiefes Wasser. Warum Sportplätze seeschifftiefes Wasser brauchten, erschließt sich mir nicht, relativiert aber die Wichtigkeit des nördlichen Kleinen Grasbrooks für den Hafen. Der Charme eines Universitäts-Campus am Wasser mit dem schönsten Blick auf die Skyline Hamburgs liegt aber auf der Hand. Genauso wie die stadtentwicklungspolitischen Impulse für Wilhelmsburg, die Veddel und Rothenburgsort. Für diese Stadtteile würden mit dem Zuzug von Studenten und Uni-Personal wunderbare Perspektiven entstehen.

Deshalb ist ein (Teil-)Umzug auf den Kleinen Grasbrook für die Universität und für die Stadtentwicklung eine Jahrhundert-Idee. Diese darf nicht leichtfertig verspielt werden.