Der kleine Junge fletscht die Zähne und macht ein Hundegeräusch. Keine Sorge, Max-Ole hat keine Tollwut, er ist beim Logopäden. "Rrrrrr", bellt er. "Und jetzt das Gespenstergeräusch", bittet ihn Mariana Gnadt. "Hhhh", haucht der Fünfeinhalbjährige, der regelmäßig in die Volksdorfer Logopädie-Praxis kommt, weil er eine Aussprachestörung hat. "Er ist ziemlich gut in Grammatik und im Wortschatz, hat aber Schwierigkeiten, das R auszusprechen", sagt die Therapeutin. Er ersetzt R meist durch H. Aus Rad wird Had, aus Rutsche Hutsche. Und Max-Ole verwechselt K und T. Er macht aus dem Kindergarten einen Tinderdaten und ihm tut sein "Topf" weh. "Der Kinderarzt hatte gesagt, das gibt sich noch", erzählt Mutter Stephanie Schuster, doch darauf wartete sie vergeblich. "Bei der Vorschuluntersuchung sagten sie, wir sollten zum Logopäden gehen."

Seit September 2009 kommt ihr Sohn zur Therapie, seit Jahresbeginn sogar zweimal pro Woche, und er kommt gern. Seine Mutter muss er meist mit den Zwillingsgeschwistern teilen, Mariana Gnadt schenkt ihm dagegen ihre ganze Aufmerksamkeit. Gemeinsam sitzen die Logopädin (28) und der Kleine auf dem Teppichfußboden und üben spielerisch. Max-Ole empfindet die Sprachübungen nicht als Arbeit, sondern als Spiel. Mariana Gnadt legt ihm Karten vor. Er muss entscheiden, wie das Wort richtig heißt. "Habe", sagt sie zum Bild eines Raben, und Max-Ole weiß sofort, dass das falsch ist. Auch, dass es nicht Hitter heißt, sondern Ritter, nicht Randy, sondern Handy. Jedes Mal, wenn er die richtige Antwort gibt, darf er eine blaue Kugel nehmen und auf die anderen stecken. "Die Wahrnehmung haben wir schon gut trainiert", sagt die Logopädin, "aber seine eigene Artikulation macht noch nicht mit." Als in den letzten Minuten der Dreiviertelstunde Max-Oles Mutter dazukommt, erklärt Mariana Gnadt, was der Junge zu Hause üben soll: "Schauen Sie, ob Sie mit ihm gurgeln können. Da muss er die Stimme dazunehmen, und er fühlt am Kehlkopf, wenn es vibriert."

Nach Aussage der Inhaberin der Logopädiepraxis Karen Grosstück sind 25 Prozent der Kinder, die eingeschult werden sollen, sprachlich auffällig. "Mit drei Jahren sagen noch viele Tatze statt Katze, aber mit vier muss das vorbei sein", so die Logopädin. "Es gibt bei der Sprache Entwicklungsfenster. Die Lautentwicklung etwa ist mit vier Jahren abgeschlossen." Der häufigste Sprechfehler sei der S-Fehler. "Nur 67 Prozent der Kinder erwerben einen S-Laut so, wie er sein soll." Lispeln müsse dennoch nicht sein: "Es ist relativ leicht zu therapieren." 88 Prozent der Kinder schaffen das in ihrer Praxis innerhalb von zwölf Einheiten. Längst nicht alle Eltern, deren Kinder Sprach- oder Sprechfehler haben, gehen mit diesen auch zur Therapie. Dabei betont Grosstück: "Man sollte Kinder so früh wie möglich therapieren. Alles, was wir als Kinder lernen, verfestigt sich. Schon ab einem Alter von zwei Jahren ist es sinnvoll und möglich, Kinder logopädisch zu behandeln."

Adressen von Logopäden beim Kinderarzt. Weitere Infos: Deutscher Bundesverband für Logopädie unter www.dbl-ev.de