Elke Gärmer arbeitet seit 45 Jahren als Erzieherin. Für das Abendblatt berichtet sie von Erfahrungen in der Kita und gibt Tipps für die Eingewöhnung.

Hamburger Abendblatt:

War die Kindergartenzeit früher eine andere?

Elke Gärmer:

Früher war nicht alles besser, sondern anders. Die Eltern waren teilweise unbeschwerter. Es wurde gespielt, und die Aktionen, die wir gemacht haben, liefen nicht unter dem Motto "Frühförderung". Wir Erzieher wussten damals noch nicht so viel, waren naiver. Vieles hat heute mehr Sinn, weil es besser erforscht ist. Trotzdem: Aus all meinen "kleinen Schietbüdels" ist was geworden.

Worauf legen Eltern viel Wert?

Das Wichtigste für sie ist, dass sie ihre Kinder in einer wohlbehüteten Umgebung lassen und beruhigt zur Arbeit gehen können. Die Kita stellt für sie eine Alternative zum Elternhaus dar. Was den Eltern im Detail bei der Versorgung und Erziehung des Kindes am Herzen liegt, hängt auch vom Stadtteil und dem sozialen Umfeld ab.

Wie lange dauert eine Eingewöhnungsphase in einer neuen Kita?

Manchmal bloß drei Tage, manchmal aber auch drei Wochen. Es ist ein einfacher Kreislauf: Wenn die Mutter sich wohlfühlt, spürt das das Kind und ist zufrieden. Ja, die Kinder gewöhnen sich meist schnell ein.

Oft sind es eher die Eltern, die Respekt vor der Eingewöhnung haben.

Viele haben ein schlechtes Gewissen, ihr Kind schon mit zwölf Monaten in die Kita zu geben. Sind diese Zweifel berechtigt?

Man hat immer ein schlechtes Gewissen, das Kind in fremde Hände zu geben. Das ist normal. Man sollte es so sehen: Die Erziehung des Kindes wird von jemand anderem unterstützt, damit auch die Mutter die Möglichkeit hat, weiterzukommen. Alles, was sie tut, ist zum Wohle des Kindes. Das kann nicht schlecht sein. Wenn es der Mutter durch Zufriedenheit im Job gut geht, ist auch das Kind glücklich.

Womit macht man Kinder glücklich?

Sie brauchen Zuwendung und immer das offene Ohr einer Erzieherin. Sie sollen die Hauptperson sein und wissen, dass ihnen jemand zuhört und Zeit hat. Das kommt zu Hause oft zu kurz - sie sind ja den ganzen Tag in der Kita. Hier sehen sie auch leichter ein, dass es feste Regeln gibt.

Mischen sich die Eltern heutzutage mehr ein als früher?

Ja, oftmals. Das hängt ab vom sozialen Umfeld und dem Wohngebiet. In den sozialen Brennpunkten suchen die Eltern eher Hilfe. In den Stadtteilen mit hoher Bildungsdichte sind sie anstrengender. Sie verlangen oft ein Programm, das schon sehr auf die spätere Schulbildung abzielt. Einen Fünfjährigen hörte ich mal seine Mutter fragen: "Wann hab ich denn mal frei?" Der hatte jeden Tag volles Programm. Mir ist aufgefallen, dass sich auch Eltern, die glücklich im Job sind, weniger beschweren.

Ist der Mangel an männlichen Betreuern ein Problem?

Es wäre tatsächlich gut, wenn es mehr Kerle in diesem Job gäbe. Das würde so manchem Weiberhaufen gut tun. Allerdings kommen Jungs oder Männer nicht so leicht aus sich raus. Die haben sogar Angst, mit den Kindern Fußball zu spielen. Da musste ich 60-Jährige letztens einem Praktikanten zeigen, wie ein Hochschuss geht.

Gibt es Szenen im Kita-Alltag, die die Eltern lieber nicht mitbekommen sollten?

Eltern dürfen jederzeit bei uns "hospitieren". Es gibt aber Momente, in denen ich denke: Wenn das Mama und Papa hören würden! Die Kleinen erzählen unverblümt Geschichten von zu Hause. Da würden einige Eltern rot anlaufen. Eine Kindergärtnerin erfährt einiges!

Wie die Eltern, so das Kind?

Ja, ich kann in einem Kind oft die Eltern wiedererkennen.