Die vom Hamburger Ex-Senator Freytag geleitete Schufa will Facebook-Angaben nutzen

Das darf ja wohl nicht wahr sein! Dieser Gedanke schoss bestimmt vielen der 20 Millionen Facebook-Nutzer in Deutschland durch den Kopf, als sie von den neuen Plänen der Schufa erfuhren.

Die größte Auskunftei des Landes will künftig gezielt Facebook und andere soziale Netzwerke durchsuchen und die Daten für ihre Bewertung der Kreditwürdigkeit analysieren. Aus den Freunden bei Facebook, aus Partybildern oder kurzen Kommentaren im Netz soll auf die Bonität eines Menschen geschlossen werden. Das klingt nach einer Schnapsidee. Das klingt geradezu absurd - doch es ist offensichtlich eine realistische Idee.

Mit seinem Plan ruft das Unternehmen, das seit etwa anderthalb Jahren von Hamburgs früherem Finanzsenator und CDU-Parteichef Michael Freytag geleitet wird, nicht nur die Facebook-Gemeinde, Datenschützer und Verbraucherschützer auf den Plan, sondern auch Politiker aller Parteien. Sie sind sich in ihrer Kritik einig: Die geplante Datensammelwut der Mitarbeiter des einstigen Hamburger Vorzeigepolitikers geht entschieden zu weit. Vom "Big Brother der Wirtschaft" (Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner) ist die Rede und von einem "Horrorszenario" (SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber). Sie alle haben völlig recht.

Und dennoch ist es mit dem spontanen Aufschrei und dem Protest allein nicht getan: Denn das Problem beginnt nicht erst beim Datenhunger und dem möglichen Datenmissbrauch von Schufa und Co.

Das Problem beginnt bei uns selbst: 25 Jahre nach dem Aufschrei gegen Volkszählung und der Furcht vor dem alles überwachenden Big Brother herrscht eine erschreckende Sorglosigkeit im Land. Persönliche Daten werden bei jedem x-beliebigen Gewinnspiel - freiwillig, ohne groß nachzudenken - herausgegeben, Adressen, Telefonnummern und Fotos werden ins Web gestellt, um für Freunde auffindbar zu sein. Leider gibt es nicht nur Freunde im Internet - sondern auch Unternehmen wie die Schufa.

Die sozialen Netzwerke - allen voran der Gigant Facebook - sind voll von intimen Daten der Bundesbürger. Wer alles über sich im Internet preisgibt, darf sich nicht wundern, wenn diese Informationen am Ende zum eigenen Nachteil eingesetzt werden. Frei nach der Floskel, die in kaum einem US-Krimi fehlt: "Alles, was Sie sagen, kann gegen Sie verwendet werden." Die von der Schufa angepeilte Schnüffelei bei Facebook und Co. kann also aus zwei unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden - als Klage über den Skandal bis zum Urteil "Die sind doch selbst schuld". Und in diesem Fall stimmt sogar beides.

Zum einen: Ja, die Politik muss entschieden gegen derartige Pläne vorgehen. Einem solch absurden Datenmissbrauch muss ein klarer Riegel vorgeschoben werden. Auch wenn das Internet an den Landesgrenzen nicht haltmacht, ist der Gesetzgeber hier gefordert und kann zumindest dafür sorgen, dass sich deutsche Firmen an derlei gefährlichem Unfug nicht beteiligen dürfen.

Zum Zweiten: Ja, auch die Nutzer tragen eine große Verantwortung. Die Gefahr eines Missbrauchs kann zu allererst jeder selbst einschränken - indem wir bei jedem Klick genau überlegen, welche Daten wir im Netz offenbaren - und welche besser nicht. Das Internet ist keine harmlose heimische Spielwiese, sondern eine knallharte weltweite Bühne. Wer sie betritt, der muss sich aller Gefahren bewusst sein.