Blankenese

Mutter von vier Jungs schreibt Buch – ihre Erziehungstipps

| Lesedauer: 8 Minuten
Weil die vier coolen Söhne von Autorin Adrienne Friedlaender es „doof“ finden, im Mittelpunkt zu stehen, wurden sie für das Foto symbolisch durch Playmobil-Figuren ersetzt.

Weil die vier coolen Söhne von Autorin Adrienne Friedlaender es „doof“ finden, im Mittelpunkt zu stehen, wurden sie für das Foto symbolisch durch Playmobil-Figuren ersetzt.

Foto: Roland Magunia / FUNKE Foto Services

Bestsellerautorin Adrienne Friedlaender berichtet vom Alltag mit ihren Söhnen, von „Jungs-Feindlichkeit“ – und dümmlichen Klischees.

Hamburg.  Als Adrienne Friedlaender zum ersten Mal schwanger wurde, war sie felsenfest davon überzeugt, ein Mädchen zu bekommen. Sie selbst kam aus einer Mädchenfamilie und konnte sich schlichtweg nichts anderes vorstellen.

Sie sah sich Zöpfe flechten, Ponys striegeln, Fußnägel lackieren und auf dem Bett liegen und Liebesschnulzen gucken. Sie war bestens vorbereitet auf ein Leben als Mädchenmutter und würde in allen Lebenslagen Trost spenden und dabei aus ihrer eigenen Erfahrung schöpfen.

Vierfachjungsmutter aus Blankenese schreibt unterhaltsames Buch

Doch bei der Ultraschalluntersuchung platzte der Mädchenmuttertraum. Es kündigte sich ein Junge an. Dann folgten Sohn Nummer zwei, drei und vier – wilde Jungs, die kaum dem Krabbelalter entwachsen durchs Haus tobten wie Tornados. 25 Jahre als Jungsmutter hat Adrienne Friedlaender inzwischen hinter sich, und drei ihrer Söhne sind mittlerweile volljährig und ausgezogen. Zeit für eine Bilanz, die von der Bestsellerautorin („Willkommen bei den Friedlaenders“) nun in ein neues lustiges, aber auch nachdenklich stimmendes Buch verpackt wurde.

Ausgangspunkte für diese Reflexion sind Fragen, die sie sich – als einzige Frau im Haushalt – im Rückblick noch einmal gestellt hat. Zwei davon: „Wie erzieht man Jungs zu glücklichen Männern?“ Und: „Welche Tricks gibt es, um unter diesen wunderbaren Wilden als Mutter selbst zu überleben?“

In dem Buch „Mami ist die Beste! Meistens“ plädiert sie dafür, auch schwierige Phasen in der Erziehung nicht zu ernst zu nehmen, sondern darauf zu vertrauen, dass Kinder großartige Erwachsene werden können. Und dass eine Mutter sich dafür nicht verbiegen, sondern ihnen nur mit Liebe und Respekt begegnen muss.

Blankenese: Autorin schreibt auch über nächtliche Besuche bei der Polizei

Das Werk ist gefüllt mit amüsanten, sehr ehrlichen Beschreibungen, und über viele Seiten reiht sich eine Minikatastrophe an die andere – von Tortenschlachten in der Badewanne bis zu nächtlichen Besuchen auf der Polizeiwache.

Die Kapitelüberschriften im typischen Friedlaender-Stil geben darüber Auskunft – Kostprobe: „Wie ich gelernt habe, damit zu leben, dass meine Söhne überhaupt nur zur Schule gehen, weil in der Pause Fußball gespielt wird, und dass Lehrergespräche in meinem Leben (fast) so häufig stattfinden wie Friseurbesuche.“

Jungsmutter kann zum Krankenhaus „mit verbundenen Augen“ fahren

Oder: „Rangeleien im Hochbett und blutige Nasen scheinen zum alltäglichen Vergnügen der Jungs zu gehören. Gäbe es die Saalwette in einer Quizshow: Wer kann sein Auto mit verbundenen Augen sicher zum nächsten Krankenhaus lenken? – Da wäre ich ganz weit vorn.“ Oder: „Wie lebe ich als Mutter mit der Angst, dass meine Söhne die Treppenfahrt mit dem Bobbycar, die Hyperstrahlattacke, den Klippensprung ins Wasser oder die Nächte auf der Reeperbahn nicht überleben könnten?“

Jungsmütter müssen mit Klischees leben – immer funktional gekleidet

Die turbulenten 25 Jahre sind an der aparten Adrienne Friedlaender spurlos vorbeigegangen. Mit jugendlichem Schwung wirbelt sie durch die inzwischen ziemlich ruhig gewordene Blankeneser Wohnung. Vizsla-Rüde Carlo ist zurzeit der Einzige, der in seine Schranken verwiesen werden muss – „denn im Alter ist er komisch geworden“. Eher nachdenklich gestimmt habe sie die Arbeit an dem Buch, erzählt die erfolgreiche Autorin und freie Journalistin bei einer Tasse Kaffee – und letztlich auch etwas wehmütig.

„Was ist eigentlich in einer Gesellschaft los, die Jungsmütter häufig bemitleidet?“, fragt sie rhetorisch. „Diese Frauen reden angeblich ruppig und sind immer funktional angezogen – so wird das doch dauernd kolportiert.“ Regelrecht genervt sei sie von den vielen Klischees rund ums Thema, aber auch von einer latenten „Jungsfeindlichkeit“ an manchen Schulen.

Überhaupt die Schulzeit. Friedlaender schreibt darüber amüsant, aber ohne Witzchen zum Schenkelklopfen. Immer wieder baut sie in ihre vordergründig lustigen Schilderungen auch nachdenklich stimmende Passagen ein, oft ergänzt durch Auszüge aus Fachliteratur.

Blankeneser Mutter – „Willkommen in der Jungswelt“

Ein Beispiel ist ein Gespräch mit der Klassenlehrerin von „Sohn Nummer eins“. Dieser war auf ein Pavillondach geklettert und erwischt worden. Von der in die Schule zitierten Mutter wurde nun offenbar blankes Entsetzen erwartet, doch die war in Wahrheit erleichtert, dass „nichts Schlimmeres“ passiert war.

„Willkommen in der Jungswelt, dachte ich, während ich die Lehrerin dabei beobachtete, wie sie am Kragen ihrer makellosen weißen Bluse nestelte, der unter die Jacke ihres Kostüms gerutscht war“, schreibt die Autorin ironisch, um dann zu fragen: „Vielleicht hätte mein Sohn nicht (…) auf Dächer steigen müssen, wenn es auf dem Schulhof mehr Klettergerüste zum Austoben gegeben hätte? Und wenn überhaupt der Schulalltag und der Unterricht mehr an die Bedürfnisse von Kindern und deren Bewegungsdrang angepasst wären.“

Mutter von vier Söhnen: Jungs kommunizieren anders als Mädchen

Wie eine Außenseiterin habe sie sich bei manchen Elternabenden gefühlt, erzählt Friedlaender – „wie eine, die es einfach nicht richtig hinkriegt mit ihren Kindern“. Ein Plädoyer für einen entspannteren Umgang mit wilden Jungs (und deren Müttern) ist das Buch dann letztlich auch. Und eine echte Liebeserklärung an das Leben mit Kindern und Söhnen im Besonderen. „Jungs kommunizieren ganz anders als Mädchen und Frauen“, weiß Adrienne Friedlaender – „und daraus ergeben sich bei Außenstehenden Missverständnisse und auch Probleme.“

Im Buch heißt es dazu: „Kommunikation mit Jungs ist wie Schwimmen im Pool ohne Wasser.“ Und an anderer Stelle: „,Gut‘, ,Nö‘ – wenn es um die Abfrage von Informationen zu ihrem Alltag ging, erzählten meine Jungs mir so wenig wie mein Hund von seinen Gassi-Erlebnissen.“ Auch deshalb ließen sich Zweifel und Sorgen in all den Jahren nie ganz ausblenden. „Wie kann ich meine wilden Kerle behüten, ohne sie auszubremsen oder meine Ängste auf sie zu übertragen?“, fragt sich die Autorin, um dann von der überraschenden Erkenntnis zu schreiben, „dass aus Jungs, die zwischen Chipstüten und Wäschebergen leben, Männer mit wunderbaren Umgangsformen werden“.

Blankenese: Bestsellerautorin kritisiert Begriff „toxische Männlichkeit“

Friedlaender sagt auch etwas, was in politisch korrekten Zeiten nicht jede und jeder gerne hört oder liest, doch sie ist, im Gegensatz zu anderen, Expertin zum Thema: „Von toxischer Männlichkeit ist heute für meinen Geschmack viel zu viel die Rede.“ Das mache den ohnehin komplizierten Start ins Leben noch schwieriger. „Ich möchte heute kein junger Mann sein“, so Friedlaender, „die haben es verdammt schwer.“

Am Ende eines Vierteljahrhunderts harter Erziehungsarbeit stand – wie bei allen Eltern – die Verabschiedung hinaus ins Leben. „Erst können wir es kaum erwarten, unsere Kinder heranwachsen zu sehen, dann geht plötzlich alles viel zu schnell.“ Heute sind ihre Söhne, sie heißen übrigens Justus, Jonah, Juri und Johann, selbstbewusste junge Männer.

Neues Buch – Söhne der Autorin sind nicht begeistert

Dass es nun ein Buch über sie gibt, finden die vier „doof“ beziehungsweise „blöd“, und entsprechend war keiner von ihnen für ein Foto mit der „besten Mami“ zu überreden – selbst Kinderfotos waren tabu. Abendblatt-Fotograf Roland Magunia baute schließlich vier Playmobil-Jungs auf, die symbolisch für die echten stehen. Adrienne Friedlaenders verblüffend pragmatisches Rezept für den Alltag mit ihren Söhnen: „Den Anspruch, alles zu verstehen, habe ich über die Jahre losgelassen. Ein sehr befreiendes Gefühl.“

Die Autorin liest am Dienstag, 9. Mai, in der Buchhandlung Heymann, Erik-Blumenfeld-Platz 27. Beginn ist um 19.30 Uhr, Eintritt: 14 Euro.

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Altona