Hamburg. Die Leute von Google taten erst ganz scheinheilig, als sie im betahaus aufschlugen, dem Zentrum der Hamburger Digitalszene in der Schanze. Sie wollten nur mal kurz ein Interview über ihre Bewerbung machen, erklärten sie Diana und Philipp Knodel. Das Hamburger Ehepaar hatte sich mit seinem Start-up App Camps nämlich an der Google Impact Challenge beworben, bei dem der Internet-Gigant die besten gemeinnützigen digitalen „Leuchtturmprojekte“ in Deutschland auszeichnet und fördert.
Kaum aber lief die Kamera, da kamen die Googelianer mit der Wahrheit heraus: Das Hamburger Projekt hatte bereits gewonnen – und zwar satte 250.000 Euro. Denn mit ihrem gemeinnützigen Start-up, das Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz kostenlos bei der Organisation von Programmierkursen unterstützt, haben es die Knodels als einziges Hamburger Projekt unter die prämierten letzten zehn geschafft – bei mehr als 2200 Bewerbern.
Bis zum 24. Februar kann man bei der Google Impact Challenge für App Camps abstimmen
Die auf Video festgehaltenen Jubelschreie des Ehepaars wird Google womöglich irgendwann ins Netz stellen. Vielleicht aber wird im betahaus bald noch lauter gejubelt: Sollte App Camps bei der jetzt begonnen Internet-Abstimmung von der Netz-Gemeinde zum Gesamtsieger gekürt werden, würde das Projekt weitere 250.000 Euro bekommen. Das Online-Voting läuft bis 24. Februar. Am 25. Februar wird der Sieger in Berlin ausgezeichnet.
„Wir haben uns tierisch gefreut“, sagt Diana Knodel. „Das Geld kam genau zur richtigen Zeit.“ Denn durch den großen Erfolg des von der Informatikerin und ihrem Mann, einem Politikwissenschaftler, als gemeinnütziges Unternehmen gegründeten Start-ups steht jetzt eine Expansion an. So soll im Betahaus ein Büro entstehen und weitere Mitarbeiter sollen eingestellt werden, die das umtriebige Ehepaar unterstützen, das gerade sein zweites Kind bekommen hat.
App Camps will Jugendliche für das Thema Programmierung begeistern
App Camps will Jugendliche für Programmierung etwa von eigenen Smartphone-Apps und für andere digitale Themen begeistern. „ Seit Oktober 2015 stellen wir Lehrern auch online digitale Unterlagen zur Verfügung, damit diese selbstständig Programmierkurse anbieten können“, so die 34-Jährige. „So bekommen junge Menschen unabhängig von sozialer Herkunft oder Geschlecht die Möglichkeit, diesen spannenden Bereich kennen zu lernen. Seit Oktober haben schon mehr als 1500 Jugendliche aus allen 16 Bundesländern mit unseren Unterlagen Apps entwickelt.“
Da die Schulen das Material grundsätzlich kostenlos bekommen, war App Camps auch bisher auf Förderungen angewiesen. Bereits 2014 konnten die Knodels 40.000 Euro an Fördermitteln gewinnen – damals durch den Act-for-impact-Preis. Außerdem finanzierte sich das Start-up auch durch Workshops für Firmen. Zudem sind die Kurs-Unterlagen für kommerzielle Abnehmer kostenpflichtig. „Mit dem Geld von Google wollen wir nun zum einen in Marketing und Öffentlichkeitsarbeit investieren, zum anderen aber auch das Team erweitern und neue Programmierkurse entwickeln“, sagt Knodel. „Lehrer und Schüler, die den Kurs bereits absolviert haben, wünschen sich weitere Themen, etwa Webseiten-Entwicklung. Das werden wir demnächst auch anbieten.“
Zudem soll es auch in Zukunft wieder offene Veranstaltungen im betahaus geben – wie die „Hour of Code“, bei der weltweit Millionen Schüler fast zeitgleich Programmieren lernen – darunter immer mehr Mädchen, die in der männlich dominierten Digitalbranche nicht zu kurz kommen sollen. Um das zu verhindern, bietet App Camps zum Girls’ Day im April im betahaus auch einen reinen Mädchen-Kurs an.
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