Hamburg. Das Lokal in der Schanzenstraße 27 steht noch immer leer. Vor vier Monaten musste hier Stefan Tomfort mit seiner Kultkneipe „Dschungel“ ausziehen, jegliche Verhandlungen mit dem Eigentümer des Gebäudes über eine Verlängerung des Mietvertrages scheiterten damals. Die Anwohner formierten sich und riefen zum Protest auf, denn sie wollten ihren „Dschungel“ und ihre Kultkneipe behalten. Es half nichts. Seitdem ist Ruhe eingekehrt in die Sache. Doch das könnte sich jetzt ändern, denn neuer Ärger droht im Schanzenviertel.
Unter den Anwohnern geht das Gerücht um, dass Starbucks in den Räumlichkeiten des ehemaligen „Dschungel“ eine Filiale eröffnen will. Das sagte ein Anwohner, der namentlich anonym bleiben möchte, dem Abendblatt. Von der geplanten Filiale habe er aus „gut informierten Kreisen“ erfahren. Seine Quellen will er aber nicht nennen. Und was sagt Starbucks selbst zu den Gerüchten? Auf Nachfrage des Abendblatt wollte die von Starbucks beauftragte PR-Agentur Edelman diesen Vorgang nicht kommentieren. Dementiert hat sie die Gerüchte aber auch nicht. „Zur Expandierungs-Strategie gibt das Unternehmen keine Auskunft“, sagt ein Mitarbeiter der zuständigen PR-Agentur.
Insgesamt betreibt Starbucks bereits 15 Filialen in Hamburg. Mit dem Geschäft in der Schanzenstraße könnte Nummer 16 folgen. Laut Firmenangaben ist für die Eröffnung einer Filiale vor allem der Standort entscheidend. Dieser sollte möglichst an einem Flughafen, in einem Einkaufszentrum oder an Plätzen sein, die häufig von Passanten genutzt werden. Die Schanzenstraße passt da perfekt ins Profil.
Das Schanzenviertel befindet sich seit Jahren im Wandel. Die Mieten steigen hier besonders stark, viele Anwohner können das nicht bezahlen und ziehen um, die Nachrücker sind in der Regel gut situiert. Gentrifizierung eben. Damit einhergehend hat sich auch die Geschäftsstruktur gewandelt. Die neuen Läden gehören oft zu großen Ketten oder bieten Teures bis Luxuriöses an. Fast immer versuchten die Anwohner, ihrem Unmut darüber Luft zu machen, und sie tun es zum Teil noch.
Und selten reagieren sie auch mit handfestem Protest, so wie im Oktober 2008. Damals ließ die Fast-Food-Kette McDonald’s verkünden, dass sie eine Filiale an der S-Bahnstation Sternschanze plane. Als das Restaurant knapp ein Jahr später öffnete, folgte prompt ein Farbanschlag: Unbekannte sprühten den Spruch „Du bist, was du isst“ an die Fensterfront. Zudem warfen sie Flaschen gegen die Scheiben. Zwar gibt es die Filiale heute noch, gern gesehen wird sie von den Bewohnern der Schanze allerdings nicht. Aber nicht nur Fast-Food-Ketten hatten es in der Vergangenheit schwer im Schanzenviertel.
Es sind nicht die Weltkonzerne an sich und auch nicht der Kommerz, die den Hamburgern Probleme bereiten, es sind die Veränderungen im Viertel, die damit einhergehen. Die angespannte Lage um die Rote Flora tut ihr übriges dazu. So machen Anwohner auf Twitter deutlich, was sie von dem Gerücht halten. Was in die Räumlichkeiten an der Hausnummer 27 einziehen wird, kann „Dschungel“-Wirt Stefan Tomfort letztlich egal sein. Seinen legendären White Russian schenkt er seit Oktober vergangenen Jahres nur wenige Meter Luftlinie, auf dem Schlachthof-Gelände, aus. An Beliebtheit hat die Kultkneipe deshalb jedenfalls nicht eingebüßt.
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Altona