Dettenberg ist Jahrgang 1922 und sagt: “Das hier ist nicht nur ein Beruf, das ist mein Leben“. Seine Frau unterstützt ihn bei der Buchhaltung.

Hamburg. "Rufen Sie mich ab und zu an, damit ich weiß, dass Sie noch leben", soll ein Kunde gesagt haben. Lothar Dettenberg erzählt diese Anekdote nicht ohne Stolz im Ton. Der alte Mann mit Schiebermütze und Lederblouson lehnt sich in seinen Bürostuhl zurück und wartet auf eine Reaktion. Will er nicht mal in Rente gehen? "Das hier ist nicht nur ein Beruf, das ist mein Leben", sagt er dann.

Lothar Dettenberg ist 90 Jahre alt. Seit 40 Jahren ist er mit seiner Frau Kira, 77, verheiratet. Gemeinsam haben sie sich Anfang der 80er-Jahre selbstständig gemacht. Dettenberg feierte wenig später seinen 60. Geburtstag. In einem Alter, in dem die meisten anderen damit beginnen, die verbleibenden Wochen bis zur Rente zu zählen, fing er noch mal von vorne an. Zumindest fast. Der gelernte Kaufmann leitet heute eine Werkstatt für Hebezeuge wie Kräne und Flaschenzüge. Schon sein Vater hatte ein solches Unternehmen, in dem beide Söhne mitarbeiteten. Dann gab es Streit mit dem Bruder - und als Lothar Dettenberg ging, gingen viele Kunden mit ihm. Mittlerweile sind vier Monteure bei ihm angestellt.

Gegen 9 Uhr beginnt der Arbeitstag des 90-Jährigen und seiner Frau, die ihn bei der Buchhaltung unterstützt. Um 19 Uhr machen sie meist Feierabend - manchmal geht es aber auch bis 21 Uhr. Am Wochenende fährt das Paar bei schönem Wetter in die Ferienwohnung nach Scharbeutz an der Ostsee. Sie reisen gerne. Weihnachten geht es seit Jahren auf die Kanarischen Inseln. 32-mal waren sie auf Mallorca. "Aber als es da noch nicht so turbulent war", sagt Kira Dettenberg, die von ihrem Mann als "eigentlicher Boss" bezeichnet wird. Die Urlaube sind die Ruhephasen des Paares. Von Ruhestand wollen sie dagegen nichts wissen. "Wenn ich nicht all die Jahre noch geistig gearbeitet hätte, wäre ich schön längst tot", sagt Dettenberg. "Es tut uns gut, etwas um die Ohren zu haben." Die Vorstellung, aus Langweile im Alter nur aus dem Fenster zu starren, findet er "furchtbar". Da ist ihm sein Arbeitsalltag lieber; er spricht von gesundem Stress. "Das ist nicht dieser Stress der jungen Leute, die ständig Angst haben, dass sie ihren Job verlieren", sagt Dettenberg. Trotzdem übt er auch Kritik an der Generation von heute. "Die wollen leben - nicht malochen." Für ihn ist harte Arbeit bis ins hohe Alter selbstverständlich. Sein Vater arbeitete bis er 80 Jahre alt war. Ganz kann Dettenberg das Alter dennoch nicht ignorieren. Er erlitt einen Bandscheibenvorfall, verlor die Sehkraft auf einem Auge und das Gehen fällt ihm zunehmend schwerer. "Man ist halt nicht mehr jung." Es gibt viele Kaufinteressenten für sein Unternehmen, aber davon will der 90-Jährige nichts wissen. "Ich arbeite hier so lange, bis ich direkt in die Kiste springe."