Im Erdgeschoss einer Anlage der altoba entsteht eine Wohngemeinschaft für zehn Demenzkranke. Bauverein betont soziale Verantwortung.

Hamburg. Nur einen Steinwurf entfernt liegt Altonas umstrittenste Baugrube, wo bis zum Frühjahr 2013 die City-Filiale des Möbelriesen Ikea wachsen soll. Am Neubau an der Ecke Hospitalstraße/Kleine Bergstraße legen die Bauerarbeiter dagegen schon letzte Hand an. Das Haus entstand im Gegensatz zum Ikea-Bau, für den am Ende sogar ein Bürgerentscheid her musste, politisch völlig geräuschlos. Das Projekt ist indes immens spannend: Denn im Erdgeschoss werden ab September zehn Demenzerkrankte in eine Wohngemeinschaft einziehen.

Verantwortlich für den Bau zeichnet der Altonaer Bau- und Sparverein (altoba), der sich zum ersten Mal auf dieses Feld wagt. "Wir möchten, dass unsere Mitglieder möglichst bis ans Ende ihres Lebens bei uns wohnen können. Das ist für uns auch eine soziale Verpflichtung als Wohngenossenschaft", sagt altoba-Vorstand Holger Kowalski.

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Die Dementen-WG ist aber auch offen für Erkrankte, die nicht Mitglied der Genossenschaft sind. Das Projekt liegt im Trend. In Deutschland gibt es angesichts der wachsenden Zahl Dementer - schon jetzt sind 1,3 Millionen Bürger in Deutschland erkrankt - immer mehr Träger, die diese Wohnform vorantreiben. "Eine WG bietet Geborgenheit und wahrt die Sicherheit unter größtmöglicher Selbstständigkeit", sagt Birgit Laukötter, verantwortlich für dieses Projekt bei der Evangelischen Stiftung Alsterdorf Assistenz West.

Erstmals in Hamburg ist eine solche WG auch offen für Demente, die zudem noch körperlich behindert sind. Ein Dementer mit einem Down-Syndrom hat sich bereits angemeldet. Auf 400 Quadratmetern im Erdgeschoss verteilen sich zehn Einzelzimmer mit bis zu 20 Quadratmetern, eine große Wohnküche, zwei Wohnzimmer und der Garten der Erinnerung mit hier beheimateten Pflanzen und Bäumen im Innenhof. Er wird ganz bewusst kreisförmig angelegt, sodass die häufig orientierungslosen Dementen immer wieder zum Eingang zurückfinden. Ein Pflegeteam wird rund um die Uhr die Bewohner betreuen. Diese können ihre eigenen Möbel mitbringen. Laukötter sieht vor allem die Lage als großen Vorteil: "Geschäfte und Restaurants sind in unmittelbarer Nähe. Unsere Bewohner bleiben mitten im Leben."

Wichtigste Regel der Dementen-WG: Die Angehörigen müssen mitmachen, niemand darf seinen Verwandten einfach abschieben. "Wir erwarten aktive Hilfe der Angehörigen", sagt Laukötter. Sie sollen mit ihren Partnern in der Küche Kartoffeln schälen, im Garten Unkraut zupfen oder einfach auf der Terrasse mit ihnen klönen.

Und ganz im Gegensatz zu normalen Mietwohnungen sind Kleintiere ausdrücklich erwünscht. "Wir erhoffen uns davon auch den Kontakt zu anderen Bewohnern des Hauses, insbesondere zu den Kindern", sagt Laukötter. In die Anlage werden auch Mitglieder der altoba sowie alleinstehende Frauen unter dem Dach der "Arche Nora" einziehen. Laukötter ist überzeugt, dass es keine Konflikte geben wird: "Wir haben schon beim Richtfest ganz bewusst den direkten Draht gesucht."

Heute findet um 17 Uhr im "treffpunkt.altona" an der Großen Bergstraße 189 eine Info-Veranstaltung statt. Noch sind mehrere WG-Plätze zu vergeben. Weitere Informationen unter www.alsterdorf-assistenz-west.de . Spenden sind möglich bei der Bank für Sozialwirtschaft, Konto 4444402, BLZ 25120510