Im Jungen Literaturhaus wird Kindern und Jugendlichen die Freude am Lesen das ganze Jahr über vermittelt. Das Abendblatt hat engagierte Hobby-Literaten und kleine Philosophen getroffen.

Yoda ist weise. Dumbledore auch. Und der liebe Gott natürlich! Die Kinder, die sich an diesem Tag um Kristina Calvert geschart haben, sind um keine Antwort verlegen. Zwischen sechs und zehn Jahren sind sie alt, und in das Junge Literaturhaus sind sie gekommen, um über das Bilderbuch „Ich wünschte“ von Ingrid Godon und Toon Tellegen zu reden. Nein, eigentlich, um die Gedanken fliegen zu lassen. Denn Kristina Calvert ist Kinderphilosophin und die Veranstaltung „Gedankenflieger“ dazu da, Kinder ausdrücklich zum Querdenken zu ermutigen.

Was wünsche ich mir von ganzem Herzen? Und sollte das Verzweifeltsein eigentlich verboten werden? Auch Isabell Köster ist dabei, wenn kleine Denker aufeinandertreffen, denn sie gehört zum Team des Jungen Literaturhauses, das sich spannende Programmpunkte rund ums Buch ausdenkt. „Wenn Kinder gemeinsam über Begriffe nachdenken, dann fassen sie oft zum ersten Mal in Worte, was vorher nicht benannt wurde. Und dadurch begreifen sie es dann.“ Die 43-Jährige hat beobachtet: Sobald man nicht bloß Wissen abfragt, sondern Kinder um ihre Meinung bittet, kann man nie sicher sein, wohin die Reise geht. „Denn anders als in der Schule geht es nicht um richtig oder falsch. Hier ist das Zuhören, das Argumentieren und das Verstehen wichtig.“ Und weil anderthalb Stunden sogar für Erwachsene, die sich über Bücher unterhalten, ganz schön lang sein können, gehört auch Malen und Basteln zur Philosophie-Stunde.

Hier ist das ganze Jahr Kinderbuchtag

Dass am kommenden Mittwoch mit speziellen Aktionen an Schulen oder in Bibliotheken weltweit der Kinderbuchtag gefeiert wird, freut das Team vom Literaturhaus. Isabell Köster sagt aber auch: „Bei uns ist das ganze Jahr Kinderbuchtag.“ Damit meint sie nicht bloß die regelmäßig stattfindenden Lesungen für Vor- und Grundschüler, schließlich gehören auch Jugendliche und junge Erwachsene zu den Besuchern. Wer schon 14 ist, kann zum Beispiel zum Sta-Club kommen und mit richtigen Autoren zusammentreffen. Sogar der berühmte Günter Grass war schon da! Aber auch junge Schriftsteller, Performance-Künstler und Slam-Poeten (unter Poetry Slam versteht man einen Dichterwettstreit, bei dem selbst geschriebene Stücke vorgetragen werden) stehen Rede und Antwort im Literaturhaus an der Außenalster.

Für junge Hobby-Literaten gibt es sogar ein eigenes Schreiblabor. „Dorthin kommen Jugendliche, die richtig Bock aufs Schreiben haben“, sagt Isabell Köster. Tatsächlich muss man sich mit einem eigenen Stück bewerben, um an zehn Abenden in der hauseigenen Prosawerkstatt zu lernen, was einen literarischen Text ausmacht. Welchen Plot möchte ich erzählen? Um welche Figuren soll sich meine Geschichte drehen? Und aus welcher Perspektive soll eigentlich berichtet werden? „Das Angebot richtet sich an verschiedene Altersstufen: Einmal an 14- bis 18-Jährige, und der nächste Kurs im April ist für junge Erwachsene von 19 bis 25 ausgeschrieben.“

Kinder können auch einen Roman schreiben

Wer lieber in der Gruppe arbeitet, sollte seinen Lehrern einmal vom Schulhausroman erzählen, den eine ganze Klasse im Rahmen des normalen Unterrichts unter kundiger Anleitung entwickeln kann. „Das ist unbedingt auch etwas für Schüler, die sich so ein Projekt eigentlich nicht zutrauen“, sagt Isabell Köster. Sie weiß ziemlich gut, dass gemeinhin nicht zu den Mutigsten gehört, wer keine guten Noten im Deutschunterricht vorweisen kann. Wenn es zur Geschichte passt, ist Umgangssprache jedoch genauso erlaubt wie der Wunsch, über Themen wie Liebe, Schulprobleme oder Mobbing zu schreiben. Schließlich soll es ja um die eigenen Lebenswelten gehen. „Am Ende wird der Roman sogar gedruckt und in Auszügen hier im Literaturhaus vorgelesen.“

Dass die Freude am Lesen unter Kindern und Jugendlichen abnimmt, kann Isabell Köster jedenfalls nicht beobachten. Und wenn es nicht das klassische, gedruckte Buch ist, das abends unter der Bettdecke gelesen wird, dann eben eine anderes Medium. „Es gibt ja immer neue spannende Formate wie etwa den Handyroman“, sagt die 43-Jährige.

So weit sind die kleinen Philosophen, die sich an diesem Tag mit dem Thema Wünsche auseinandersetzen, längst noch nicht. Vom Begriff Weisheit fliegen die Gedanken zu Yoda aus Star Wars, zu Harry Potters Schulleiter Dumbledore und schließlich zum lieben Gott. Der müsse ja ganz schön sportlich sein, findet ein Kind. Warum dies so sei, fragt die Kinderphilosophin – ehrlich interessiert. Und erhält prompt die Antwort: „Weil er ja schließlich überall gleichzeitig sein muss.“ Kindlich-logisch, oder?

Weitere Informationen:

Hans Christian Andersen, der berühmte Märchenautor, hatte am 2. April Geburtstag, und deshalb wird seit 1967 jeder 2.April auch als Internationaler Kinderbuchtag gefeiert. Ziel ist es, die Freude am Lesen zu unterstützen und Interesse für das Kinder- und Jugendbuch zu wecken – etwa durch Aktionen an Schulen oder in Bibliotheken. Jedes Jahr übernimmt ein anderes Land die Patenschaft für diese Aktion, in diesem Jahr ist es Irland.

Im Jungen Literaturhaus (Schwanenwik 38, www.julit-hamburg.de) geht es das ganze Jahr über um die Freude am Lesen. Noch bis zum 8.April können sich etwa junge Erwachsene (19–25) bewerben, die am Schreiblabor teilnehmen möchten. Vorausgesetzt werden erste Erfahrungen, d.h. man muss auch eine Textprobe einreichen.

Das Kinderbuchhaus im Altonaer Museum (Museumstraße 23, www.kinderbuchhaus.de) ist ebenfalls Anlaufstelle für alle Bücherwürmer: Di–So 10–17 Uhr.