Wer hier genau hinhört, der hört: Zukunftsmusik. Nicht nur das Hämmern, Scheppern oder die Bauarbeiter, die sich zurufen, wo der verflixte Hammer gerade wieder hängt.

Hamburg. Man hört Unerhörtes. Man hört mit etwas Fantasie, wie ein einzigartiges Jahrhundertbauwerk entsteht. Was es von sich erzählt, über diejenigen, die das visionäre Kulturprojekt erdacht, und über jene, die es beschlossen haben. Um sich von der himmelhohen Größe der Elbphilharmonie in der HafenCity überwältigen zu lassen, gibt es wohl keinen besseren Standpunkt als mittenmang auf der Sandtorhafenklappbrücke, die vom Sandtorkai zum Konzerthaus-Rohling führt.

Bis zur feierlichen Eröffnung, die für Mai 2012 geplant ist, sollten Sie eigentlich in regelmäßigen Abständen hier vorbeischauen, morgens, tagsüber und abends, um mitzuerleben, wie die gläserne Welle auf ihrem Backsteinfundament in die Höhe wächst. Denn auch das Gebäude wird je nach Besuchszeit ganz unterschiedlich wirken.

In der Frühphase der Planung hieß es, die Spitze dieser Architektur-Welle, die auf dem historischen Kaispeicher A an prominenter Steller der HafenCity thront, werde so hoch, dass man sie vom Westufer der Außenalster sehen kann. Damals war das ein interessantes Detail, vor allem aber unglaublich weit weg. Heute ist es vorstell- und irgendwann tatsächlich überprüfbar. Doch schon jetzt, im faszinierend unfertigen Zustand, wirkt der Gebäude-Rohling kolossal. Respekt fordernd und stolz, könnte man loben. Andere schimpfen das Projekt größenwahnsinnig, elitär, überteuert, eitel, unnötig. Man hört aus dieser Richtung - als dissonanzenreichen Kontrapunkt zur offiziellen Euphorie - die Kritik an den bisherigen Kostenexplosionen. Dazu kommt der schale Nachklang von Politikerreden, die immer wieder Ausflüchte für eigene und fremde Rechen- und Planungsfehler fanden. Ebenso vernehmbar sind die Scharmützel hinter den Kulissen der hiesigen Musikbranche, bei denen es um Macht- und Marktanteile geht. Harmonie im klassischen Sinne klingt anders, auf dieser Baustelle gibt es ebenfalls noch viel zu tun.

Doch bis das alles geschafft, abgerechnet und geklärt ist, können Sie sich, ans Geländer gelehnt, vorstellen, wie es durch den Eingangsbereich über die Rolltreppe in Richtung Plaza geht. Wie die Atmosphäre und der Panorama-Ausblick dort sein werden, bevor es hinaufgeht in den Großen Saal, der hoffentlich so gut klingen wird, dass man als Konzertgänger am liebsten seinen zweiten Wohnsitz dort hätte. Und falls es trotz alledem hapern sollte mit der nötigen Vorstellungskraft, bleibt immer noch die Möglichkeit, das "Mediascope" neben der Infotafel zu nutzen, als Ausblick auf eine hochmusikalische Zukunft. Denn durch dieses Fernrohr in die Zukunft sehen Sie schon jetzt, was jetzt noch nicht zu sehen ist.

Kultur

Sandtorhafenklappbrücke, zwischen Sandtorkai und Elbphilharmonie, 20547 Hamburg

www.elbphilharmonie.de

ÖPNV: mit der S-Bahn bis Jungfernstieg, dann mit der Buslinie 3 vom Rathausmarkt zur Haltestelle Magellan-Terrassen;

U 3, Haltestelle Baumwall

Geeignet für alle, die der Elbphilharmonie beim Großwerden zusehen und - hören wollen.