Die Kabarettistin Nessi Tausendschön zeigt ihr frisch-frivoles Songprogramm. Mit englischen Liedern betritt die Künstlerin Neuland

Lustspielhaus. Nomen est omen. In ihrem künstlerischen Pseudonym vereint die Kabarettistin Nessi Tausendschön metaphorisch das verführerisch Weibliche mit der Wildheit eines mysteriösen Ungeheuers. Beide Seiten weiß die schillernde Annette Maria Marx so bezaubernd wie entwaffnend auszuspielen.

In der Hamburg-Premiere von "Das Beste" bei Alma Hoppes Kabarettfest präsentiert sich Nessi mit probat losem Mundwerk auch als Sängerin. Und in einer neuen Paarung mit dem kanadischen Komiker und Gitarristen William Mackenzie.

Schamgrenzen so charmant wie stoisch zu ignorieren, gehört für Nessi Tausendschön zu den Pflichten im Kleinkünstlerinnengewerbe. Sie zeigt Schutzengel teuflisch angetrunken und geht als berlinernde Gabi Pawelka im Motivationsseminar (und in den ersten Saalreihen) auf Männerjagd. Als Reporterin berichtet sie von der Meisterschaft im "Kunstvögeln", mimt den verloren gegangenen Stummfilm "Die schwarze Hand am Sack des Grafen" und besteigt dann ungeniert den Flügel, um unter "Je t'aime"-Gestöhne à la Jane Birkin den Diseusen-Koitus mit ihrem Lieblingsinstrument zu vollziehen. Die freche Erzkomödiantin nimmt kein Blatt vor den Mund und erfreut nicht nur die männlichen Zuschauer mit ordinären Kalauern und eindeutigen Zweideutigkeiten.

Im "skurril-poetischen Musiktheaterkabarettvariété", wie die laszive Märchenfee Tausendschön mit dem Lockengehörn ihr Programm nennt, kommen neben der Gitarre des kernigen Kanadiers William noch andere Instrumente zum Einsatz: weitere Gitarren, Banjo, Harmonika, Glockenspiel, Schlagzeug, natürlich Nessis singende Säge und das geheimnisvolle, weitgehend unbekannte Theremin, das sanfte Handbewegungen zu sirrenden Klangeruptionen animieren.

Mit englischen Songs betritt die Kabarettistin nun Neuland und verzichtet ihrem "Projekt Nessi" zuliebe sogar auf den Nachnamen. Bereits auf ihrer CD "Restwärme" fantasierte die frivole Rheinländerin vom Ruhm, träumte sich im Gleichtakt mit Robbie Williams als Pop-Star und mit Rio Reiser etwas bescheidener als "Königin von Deutschland". Nun macht sie mit William Mackenzie, der sie auf der Bühne wie im Leben begleitet, Ernst. Der Musiker und Komponist hat in seiner Heimat mit Nessi und dem Gitarristen Harry Manx 15 Songs aufgenommen. In ihnen zeigt sich das hartgesottene Kabarett-Schandmaul von einer weichen, einschmeichelnden neuen "Nessi"-Seite, die auf den Spuren von Norah Jones zu wandeln scheint.

Das Album "Hide & Speak" (zu hören unter www.nessimusic.com ) zeugt von der Wandlung: Die Kabarettistin widmet sich hingebungsvoll dem Gesang und einem Musik-Mix aus Folk, Country, Jazz und fernöstlichen Klängen, die sie ironisch als ihre "internationale Bügelmusik" bezeichnet, was keineswegs abwertend gemeint sei, wie sie versichert. "Es ist kein richtiger Mainstream, aber für mich hat es Hitqualität." Die "neue Nessi" wird zweifellos ihre Fangemeinde finden.

Nessi Tausendschön: Das Beste: Mi 16.3., 20.00, Lustspielhaus (U Hudtwalckerstraße), Ludolfstraße 53, Karten von 12,- bis 22,- T. 55 56 55 56; www.almahoppe.de