Schippern wie in Schwedens Schären, wandern auf Deutsch-Dänischen Pfaden – Die Förde bietet einen perfekten Mix aus Naturerholung und Geschichtsunterricht

Von der Flensburger Förde ist unter Hamburgs Ausflüglern eher selten die Rede, Städte wie Sønderborg oder Aabenraa können Hamburger kaum astrein buchstabieren. Flensburg, bei dem Namen denken die meisten an Bier und Straßenverkehrsdelikte. Das reicht.

Dass die Förde, dänisch Flensborg Fjord, mit ihren verschlungenen Buchten und den insgesamt rund 50 Kilometern Küstenlinie in zwei Ländern bislang nicht zu den Topdestinationen der Hanseaten zählt, hat aus Sicht des Ankömmlings vor allem Vorteile. Die Region ist selbst wochenends nicht so vollgepackt wie St. Peter, nicht so exklusiv wie Sylt, nicht so gesetzt wie Timmendorf. Dabei ist sie leicht und zügig erreichbar. Und bietet ein Flair, in dem sich Ostseeidylle und deutsch-dänische Grenzmentalität aufs Reizvollste verbinden. Sei es das kernige Wetter mit seinen mitunter „grauräudigen Wolken“, die Wolf Biermann (ein Dauergast in der Gegend) 2006 in seinen „Heimat“-Gedichten beschwor. Sei es das Essen, dem Siegfried Lenz (ein anderer Dauergast) in seiner Erzählung „Jütländische Kaffeetafeln“ ein Denkmal setzte.


Kriege und Rivalitäten an der Düppeler Schanze


Weniger gelassen war früher das Verhältnis von Deutschen und Dänen. Über viele Jahrhunderte rangen sie um Schleswig, die Dänen wollten das seit dem 12. Jahrhundert selbstständige Herzogtum ihrem Königreich einverleiben, die Deutschen mit Holstein vereinen und in ihren Bundesstaat integrieren. Im 19. Jahrhundert schien die Entscheidung zugunsten Deutschlands zu fallen. In zwei Kriegen (1848 – 51 und 1864) wurde Dänemark vernichtend geschlagen. Nach dem Ersten Weltkrieg aber setzten die Dänen eine Volksabstimmung über Schleswigs Zukunft durch, der Norden votierte klar für die Zugehörigkeit zu Dänemark, der Süden für die zu Deutschland. Seit dem 15. Juni 1920 ist Schleswig entlang der „Clausen-Linie“ geteilt.

Die Geschichte der Kriege und Rivalitäten kann man im Museum der Düppeler Schanze ausführlich begutachten – dort, wo preußische Truppen den dänischen Widerstand im Sturm brachen und einen bis heute viel besuchten Ort nationaler Identität für die Dänen hinterließen.

Sønderborg, die größte Stadt der Region

Die Geschichte des heutigen deutsch-dänischen Verhältnisses ist trotz der neuen Grenzkontrollen weit erfreulicher, allerdings noch nicht lange. In der Vergangenheit war ein Austausch der Städte und Kulturen nicht erwünscht. Das Deutsche wollte man nicht in Dänemark haben. Mittlerweile ist es auf beiden Seiten zum Umdenken gekommen. Der Tourismus fluoriert und beide Länder freuen sich auf die Besucher von der anderen Seite. Tourismus bringt Geld und Arbeitsplätze und daher wird auch viel investiert um die Ausflugsziele noch attraktiver zu machen. Das kommt vor allem dem Urlauber zu gute, weshalb sich ein Besuch der Förde zur Erkundung der vielseitigen Städte in jedem Fall lohnt. Deutsche sind in Nordschleswig heute hochwillkomme und das Verhältnis ist so gut wie nie zuvor. Das merkt man auch an den vielfältigen Aktivitäten der deutschen Minderheit, die vom dänischen Staat unterstützt werden.

Was bleibt, ist ein bis heute spürbarer Unterschied im Wesen der beiden Schleswigs. Die deutsche Südseite der Förde ist dichter besiedelt, teils auch gediegener, exklusiver. Die dänische Seite ist volkstümlicher, landschaftlich reizvoller, der Zugang zum Meer ist fast durchweg für jeden möglich. Schon die Autofahrt am Nordufer des Flensborg Fjords entlang der B 8 macht das deutlich. Sønderborg, die größte Stadt der Region, ist malerisch am Alsensund gelegen. Ein Gang über die Hafenpromenade, verbunden etwa mit einem Besuch im Eiscafé „Frydendaal“, lohnt sich.

Emil Nolde benannte sich nach seiner Heimat

Je mehr man sich der Insel Alsen (dänisch: Als) nähert, desto kleiner die Dörfer, desto unaufgeregter die Stimmung. Im Örtchen Guderup hat Emil Nolde von 1902 bis 1916 sommers gewohnt. Die ruhige, dünige Wiesenlandschaft seiner nordschleswigschen- Heimat hat der ruhmreiche deutsche Expressionist in zahlreichen Gemälden verewigt, seine Liebe zu ihr ging sogar so weit, dass er – der eigentlich Hans Emil Hansen hieß – sich nach seinem Heimatdorf Nolde nahe Tonder benannte. Manch farbenfrohes Alsen-Aquarell kann man übrigens im Emil-Nolde-Museum von Seebüll betrachten, eine knappe Autostunde westlich von Flensburg.

Den Gipfel windumwehter dänischer Entspanntheit, wie Nolde sie liebte, markiert Kekenis (dänisch Kegnæs), sicher einer der hübschesten Ostseeflecken überhaupt. Hier gibt es viele Felder, einige Bauernhöfe, wenig Wald und noch weniger Menschen. Wer mag, besichtigt die Dorfkirche von Sønderby – Herzog Johann der Jüngere ließ sie 1615 zur Buße bauen, da er im Jahr zuvor zehn Bauern hatte hinrichten lassen, obwohl sie unschuldig waren – oder besteigt den Leuchtturm.

Die Ochseninseln sind eines der schönsten Ziele

Um in den Genuss voller Förde-Idylle zu kommen, muss man aber nicht unbedingt so weit fahren. Der vielgepriesene Gendarmenpfad oder auch der Golfklub nahe Kolding bieten Naturerlebnisse unweit der deutsch-dänischen Grenze. Oder aber die Ochseninseln, dänisch Okseøer, nicht umsonst die populärste Destination unter Tagesausflüglern.

Ziemlich genau gegenüber von Glücksburg liegt nicht nur Annies Kiosk, wo man Nordschleswigs oder gar Dänemarks beste Pölser bekommt, sondern auch ein kleiner Anleger, von dem aus sommers etwa im Stundentakt ein kleines Fährschiff ablegt. Nur 900 Meter oder sieben Fährminuten trennt die Große Ochseninsel vom Rest Dänemarks, und doch gefühlt ein Vielfaches.

Karibik Feeling nicht nur auf hoher See

Der Flensburger Karibik am nächsten kommt man wohl, wenn man es macht wie die vielen Norddeutschen, die an lauen Sommerwochenenden die Segel ihrer hier vor Anker liegenden Boote hissen – die Region zählt wegen ihrer verwinkelten Buchten, in denen man sich wie in einer schwedischen Schäre wähnt, unter Seglern zu den reizvollsten im gesamten Ostseeraum. Wer keinen Bootsschein hat, ist mit einem Besuch in Vemmingbund bestens bedient. Weiter, feiner Sandstrand, kaum Steine, ein Ufer ohne Untiefen und ein kleiner Kiosk.

Anfahrt

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Mit dem Zug erreichen Sie Flensburg via Regionalexpress von Hamburg in zwei Stunden. Mit BusXpres der Firma Autokraft (7 x täglich, Fahrzeit 1 Stunde, 9 Minuten) geht es weiter nach Sønderborg. Infos unter www.schnellbus.de

Mit dem Auto: Ab Hamburg über die A 7 nach Flensburg in anderthalb Stunden, nach Sønderborg (via R 8) dauert es gut eine halbe Stunde länger.

Weitere Informationen: Touristinformation Flensburg, Rathausstraße 1, 24937 Flensburg, Tel. 0461 / 909 09 20, www.flensburg-tourismus.de

Touristinformation Glücksburg, Schloss Glücksburg, 24960 Glücksburg, Tel. 0800 / 202 00 40

Sønderborg Turistcenter, Rådhustorvet 7, DK-6400 Sønderborg, Tel. 0045 / 74 42 35 55, www.visitsonderborg.com