Es gibt immer weniger Kioske. Vereine wollen die „Tante-Emma-Läden unserer Zeit“ retten.

Wer im Kohlenpott mal eben „wat“ kaufen will, wenn die Läden geschlossen sind, geht um die Ecke „anne Bude“. Übersetzt: an die Trinkhalle. Deshalb heißt der Kiosk von Elli Vogel-Gdanietz in Essen-Rüttenscheid passenderweise „Anne Bude“. Da weiß jeder, was ihn erwartet: ein freundliches Gesicht und die Erfüllung kleiner Wünsche, vom Kaffee bis zum Kauf von Alltagsbegleitern wie Zeitung und Zigaretten.

In Berlin heißen die Lädchen Spätis – wegen der langen Öffnungszeiten, in Frankfurt Wasserhäuschen – nicht wegen eines Bedürfnisses, das sich einstellt, nachdem man den Durst gelöscht hat, sondern weil es im 19. Jahrhundert gelungen war, Mineralwasser in Flaschen abzufüllen und das „Klickerwasser“, eine süße Limo in Kugelverschlussflaschen, der Renner an den Verkaufsstellen war.

In Hamburg gilt Wilhelmsburg mit 25 Kiosken als Hochburg. Deutschlandweit sollen es noch knapp 40.000 sein. Aber mit veränderten Ladenschlussgesetzen bröckelt ihr Bestand. Selbst im Ruhrgebiets-Mekka Dortmund sind von 600 Büdchen der 80er-Jahre nur 300 geblieben. Auch einzelne unter Denkmalschutz gestellte Schmuckstücke halten den Niedergang nicht auf.

War’s dat mitte Kiosk-Kultur? Nicht wenn es nach den Vereinsgründern des Dortmunder Kiosk-Clubs „KCMO 06“ oder der Frankfurter „Linie 11“ geht. Sie bieten Touren per pedes, Fahrrad oder Straßenbahn an, organisieren Filmabende, Vorträge und Ausstellungen, um die „Tante-Emma-Läden unserer Zeit“ zu retten. Dazu gibt es Internetstadtführer und T-Shirts, Aufkleber und Flyer mit dem Slogan „Nein Tanke! Ich hol mein Bier am Büdchen“.

Gelingt der Versuch, dann setzen die Buden ein Beispiel gelungener Integration fort. Denn das Wort Kiosk, entlehnt aus dem Französischen („kiosque“), geht auf den türkischen Begriff „kösk“ zurück. Das heißt Gartenpavillon. Und die standen einst als Glücksgriffe islamischer Baukunst in den Gärten europäischer Adliger – und dienten als Vorbild unserer Kiosk-Kultur.