Hamburger Spitzenköche verraten ihre Tricks, um Brühe, Eintopf & Co. einfach, aber mit Pfiff zuzubereiten.

Heiß muss sie sein. Und so duften und dampfen, dass alle Lebensgeister plötzlich tanzen und auf Genuss schalten: Die Suppe ist ein typisches Wintergericht. Schwer auf dem Löffel als Eintopf. Mager und trotzdem satt machend mit gesundem Gemüse. Leicht im Magen als Hühnersuppe, die Kraft gibt und tatsächlich wie eine Medizin wirkt. Und zwar sofort.

Wem die Kälte in die Knochen gekrochen ist, wem der graue Himmel auf den Kopf fällt oder wer sich verkühlt hat, der löffelt die Wärme selig in sich hinein. Für den bedeutet Suppe einen Topf voller Glück. Wie das geht – das erklären eine Köchin, drei Hamburger Köche und ein Suppenprofi.

Suppenküche ist hohe Kunst

Für Christoph Rüffer, den Chef im Zwei-Sterne-Restaurant Haerlin im Hotel Vier Jahreszeiten, ist die Suppenküche hohe Kunst. Wann verdient eine Suppe zwei Michelin-Sterne? „Wenn man nie wieder etwas anderes essen will“, sagt er und probiert eine Kürbis-Suppe. „Suppen müssen elegant und rund im Mund sein.“

Suppen seien auch ideale Magenwärmer, die bei ihm deshalb mit 100 Grad in den Teller kommen. Weiterhin sei immer „ein Tick Säure“ nötig. „Damit man gern mehr isst“, sagt er. Nur zu sättigend darf eine Suppe nicht sein. Die Kürbissuppe hat er in einer halben Stunde gekocht. Der Clou auf dem Teller ist ein Spieß mit großen Ostsee-Garnelen und Würfeln von Thunfisch, die er von jeder Seite vier Sekunden lange gebraten hat. Der Thunfisch ist dann innen noch roh und schmeckt wesentlich besser, als wenn er durchgebraten und trocken wäre.

Bei den angehenden Köchen in der Gewerbeschule an der Angerstraße stehen Suppen am Ende des ersten Lehrjahres auf den Lehrplan, und sie sind ebenfalls sehr beliebt. „Die Auszubildenden sind mit Eifer dabei“, sagt Kochlehrer Michael Mittelberger, „denn für die meisten bedeutet die Suppe den Einstieg in die warme Küche.“

Brokkolicremesuppe zum Üben

Bestes Lehrbeispiel ist die Brokkolicremesuppe, weil man bei ihr Koch-Fehler leicht erkennen kann. „Sie muss grün sein und nicht grau und unansehnlich, wenn sie zu lange gekocht wird“, sagt der Lehrer. Also wird nach 20 Minuten der Brokkoli herausgenommen und kalt gestellt. „Erst kurz vor dem Servieren kommt der Brokkoli wieder in die Suppe.“ Es gelte: Gemüse wird mit der Suppe so kurz wie möglich mitgekocht.

„Wir kochen hier a la minute. Also: manches Gemüse kommt nach zehn Minuten aus dem Topf und später wieder hinzu.“ Weitere Fehler beim Suppenkochen? Fehlende Geduld! Mittelberger: „Suppe braucht Zeit. So muss Fleisch drei bis vier Stunden köcheln.“ Zum Beispiel bei einer Rinderkraftbrühe und der klaren Ochsenschwanzsuppe, die als Zweites auf dem Lehrplan stehen. Suppen sind in der Schule so beleibt, dass der Lehrer gern ein Projekt mit den Schülern auflegt. Dabei suchen sich die Schüler eine Suppe aus und recherchieren dazu alles. Mit Fotos der Zubereitung, Rezepten Speisekarten entsteht dann eine Suppenmappe.

Fehler vermeiden

Meist würden ungewöhnliche Rezepte gewählt, wie Mulligatawny-Suppe (Huhn/Curry), Tom Ka Gai (Thailändische Hühnersuppe), Weiße Tomatensuppe oder die Hamburger Aalsuppe. Was passiert, wenn man alle Zutaten in den Topf gibt und diese stundenlang kocht? „Dann macht man wieder einen Fehler“, sagt der Kochlehrer. Gemüse und Gewürze – auch Lorbeerblätter – werden nur maximal 20 Minuten mitgekocht. „Am besten gibt man sie erst 20 Minuten vor dem Ende in den Topf, nur das Salz kommt sofort in den Topf.“ Der Grund: Bei langem Kochen vergehen die ätherischen Öle, die den Geschmack geben.

Der Tipp des Kochlehrers: „Geschälte Wurzeln, die 20 Minuten in einer Hühnersuppe waren, schmecken dann wundervoll.“ Überhaupt: Hühnersuppe. „Sie ist häufig bei Erkältungen die beste Medizin“, sagt Mittelberger. Das habe mehrere Gründe. Erstens: „Die Inhaltsstoffe vom Hühnerfleisch und den Gemüsen sind nach dem Kochen flüssig, und der Körper kann diese besser aufnehmen. Das Kochen der Suppe hat dem Magen die Arbeit schon abgenommen.“

Der zweite Grund: So eine leicht verdauliche Hühnersuppe belastet den Magen kaum. Mittelberger: „Es gibt noch einen dritten Grund: Die wasserlöslichen Aminosäuren, die im Hühnereiweiß des Fleisches enthalten sind, aktivieren das Immunsystem der Menschen.“ Allerdings sei das nur bei älteren Hühnern der Fall.

Die perfekte Suppe

Was macht eine wirklich gute Suppe noch aus? Eine Suppe darf nicht zu dick gebunden sein. Mittelberger: „Sie muss sich gut und leicht im Mund verteilen.“ Sie müsse auch richtig heiß serviert werden. Mindestens mit 70 Grad. „Natürlich kann man auch ein hochwertiges Maishähnchen zur Suppe kochen. Doch eigentlich war die Herstellung von Suppe früher die Resteverwertung von Knochen und ungenießbaren Tieren“, sagt der Koch. Beispielsweise bei einem alten Huhn kann man das Fleisch kaum anders als mit langem Kochen zubereiten, denn es ist zäh. Gibt es Kindheitserinnerungen an besonders leckere Suppen? „Eigentlich nicht“, sagt der Kochlehrer, „Gerstensuppe war nicht mein Fall ...“

Doch Großmutters Rezepte sind in den Suppenbistros der Renner. „Wir verkaufen am meisten regionale Hausmannskost wie Eintöpfe, zum Beispiel einen Steckrübeneintopf mit Kohlwurst oder eine Rotkohlsuppe mit Ente“, sagt Florian Scherer, der mit drei „Soup-City“-Geschäften Marktführer unter den Suppen-Bistros in Hamburg ist. „Suppen sind Winterprodukte und verkaufen sich bei Kälte besser.“

Suppe als Trendgericht

In der Hamburger Innenstadt wurde die Suppe in speziellen Suppenbars und -Bistros zum Trendgericht, das besonders bei Menschen beliebt ist, die schnell etwas Bekömmliches, Gesundes und Preiswertes essen möchten. Frisch ohne Konservierungsstoffe und Geschmacksverstärker muss es sein.

Eine Portion von 0,4 Liter sei „gesund, leicht, nicht kostspielig“, würde sättigen und gut für die Linie sein, argumentiert Scherer. Die Schmerzgrenze beim Preis liege bei fünf Euro. „Da drüber geht nichts.“ Im Schnitt habe die 0,4-Liter-Portion nur 250 Kilokalorien – weniger als die Hälfte eines Franzbrötchens.

Die meisten Kunden seien Büromenschen zwischen 30 und 45 Jahren. „Doch kommen auch Kinder und ältere Menschen, die sich an die Steckrübensuppe von früher erinnern.“ Das Suppengeschäft als Mittagstisch konkurriert mit einen stark gewachsenen Zahl von Snack-Anbietern. Und man müsse heute auch mehr anbieten, beispielsweise Salate und Kuchen. Und: 20 bis 30 Prozent der Kunden würde die Suppe im Thermobecher mitnehmen, um sie kurz drauf im Büro zu essen oder später zu Hause aufzuwärmen.

Cornelia Polette mag die Suppe ihrer Großmutter

Hamburgs Top-Köchin Cornelia Poletto erinnert sich besonders gern an die Suppe ihrer Großmutter, die es als Brühe vom Tafelspitz mit Buchstabennudeln gab. „Die Suppe gab es immer am Tag nach dem Tafelspitz.“ Heute isst sie gern abends eine Kürbis-Ingwersuppe – auch mal ohne Salz. Ihre Kochregel: Je einfacher eine Suppe, desto besser müssen die Zutaten sein. „Ausgelaugtes Gemüse zu pürieren, das geht gar nicht“, sagt sie. Noch etwas? „Ja: Suppen mit einer Mehlschwitze binden.“

Fernsehkoch Rainer Sass mag es deftig und sättigend. Doch er verfeinert und modernisiert die klassischen Rezepte so, dass er Wein statt Bier zu seiner Erbsensuppe empfiehlt. So verwendet er nicht getrocknete sondern Tiefkühlerbsen. Sass empfiehlt dazu einen Grauburgunder und sagt: „Brot oder Brötchen passen dazu, aber: kein Senf und auch kein Essig.“