Eimsbüttel

Kreative Köstlichkeiten zum Mitnehmen von Familie Güler

| Lesedauer: 6 Minuten
Gerd Rindchen
Nilay Güler ist die Schwiegertochter  von Aziz und Mihrican Güler.

Nilay Güler ist die Schwiegertochter von Aziz und Mihrican Güler.

Foto: N. Keller/Junius Verlag

Eine Institution in Eimsbüttel mit vielen zufriedenen Stammkunden. Hier gibt es nicht nur frisches Obst und Gemüse.

Hamburg. Man kennt das: Abends sind Gäste eingeladen, dann läuft der Arbeitstag aus dem Ruder, und irgendwann schwant einem: „Mist, wir sind ja erst zehn Minuten vor dem Besuch zu Hause!“ In solchen Fällen hilft Familie Güler aus Eimsbüttel mit den von Seniorchefin Mihrican in schier grenzenloser Kreativität komponierten Köstlichkeiten. Mit ihrem aromensatten, suchterzeugenden Auberginensalat (ich brauche ihn mindestens einmal im Monat, sonst fehlt mir was!), dem vielleicht besten Hummus der Stadt, aromatischen Tomaten- oder Paprikacremes, hausgemachten gefüllten Weinbergblättern, selbst eingelegten Kräuteroliven und dazu einem Brot von Hamburgs Ciabatta-König Pritsch lassen sich sensationelle vegetarische Vorspeisenvariationen zusammenstellen, die manch hochgelobtes Restaurant vor Neid erblassen lassen.

Die Gäste sind erst mal zufrieden, und die Gastgeber schinden Zeit, sich um den Hauptgang zu kümmern. Oder man überlässt die kulinarische Ausgestaltung des Abends gleich ganz den Gülers und serviert Vorspeisen am laufenden Band – auch das geht prima.

Einen solchen Laden gut zu führen ist harte Arbeit

Die Gülers sind ein klassisches Beispiel für viele Einwandererfamilien, die ihr Leben komplett in den Dienst eines Ladens stellen und damit eine flächendeckende, qualitativ hochwertige Versorgung mit frischen Lebensmitteln in Hamburg erst möglich machen. So haben sie sich mit ihrem Obst-und-Gemüse-Laden in Eimsbüttel und ihren hausgemachten Spezialitäten einen exzellenten Ruf erworben.

Aber dafür sind Aziz und Mihrican sowie ihre Schwiegertochter Nilay auch im buchstäblich nimmermüden Einsatz. Ohnehin zeigt sich bei den Gesprächen und Begegnungen mit den Menschen für die Reihe „Genusshelden“: Ein Großteil der hier verewigten Protagonisten arbeitet einfach unfassbar viel. Ihrer Vision und ihrem selbst gewählten Anspruch, den Kunden oder Gästen stets das Bestmögliche zu bieten, ordnen sie häufig ihren gesamten Tagesablauf und das überschaubare verbleibende Privatleben unter.

Wahre Genusshelden sind in der Regel alles andere als vergnügungssüchtige Hedonisten. Aziz Güler: „Unser Laden öffnet normalerweise morgens um sieben, das heißt, ab etwa sechs Uhr beginnen wir mit der Bestückung, dem Aufbau und der Befüllung der Auslagen.

Geöffnet, solange die Kunden es wollen

Geöffnet haben wir, solange unsere Kunden das wollen – das heißt in der Regel bis mindestens abends um halb acht. Bis wir dann alles eingeräumt haben und nach Hause können, wird es meist so halb neun. Den Laden schmeißen vorwiegend meine Frau und meine Schwiegertochter. Ich bin nicht den ganzen Tag im Laden und lege mich zwischendurch mal hin, denn ich fahre seit über 35 Jahren jede Nacht sonntags bis freitags von zwölf bis drei zum Hamburger Großmarkt und erledige unsere Einkäufe. Meine Nacht dauert also meistens nur drei Stunden.

Wir stützen uns vorwiegend auf vertrauenswürdige, langjährige Lieferanten, und ich suche jedes Produkt auf dem Großmarkt persönlich aus. Anders wäre die Qualität des Obstes und Gemüses so nicht zu halten. Insgesamt gibt es immer weniger Händler, die so arbeiten wie wir, und immer mehr Menschen kaufen Obst und Gemüse im Supermarkt oder beim Discounter. Deswegen hat sich der Hamburger Großmarkt in den letzten 20 Jahren auch auf etwa die Hälfte seines Volumens verkleinert.

Ich bin 1969 im Alter von 14 Jahren mit meinem Vater aus Adana eingewandert. Wir haben angefangen, hier zu arbeiten, um Geld nach Hause schicken zu können. Unsere Herkunftsregion in der Türkei war damals sehr arm. Als ich 15 Jahre alt war, ist mein Vater zurückgegangen. Ich bin geblieben, habe jahrzehntelang bei einer Hamburger Großwerft gearbeitet und parallel ein Abendstudium absolviert. 1981 habe ich beim Heimaturlaub in Adana meine Frau kennengelernt. Nach der Heirat haben wir sofort ein Obst-und-Gemüse-Geschäft an der Hamburger Straße eröffnet und sind 1986 in die Hartwig-Hesse-Straße 1 in Eimsbüttel umgezogen.

Auch die Söhne helfen aus

In den ersten Jahren habe ich noch bei der Werft weitergearbeitet, bis der Laden so weit war, die Familie zu ernähren. Parallel haben wir drei Söhne großgezogen. Heute sind wir hier zu dritt: meine Frau, meine Schwiegertochter und ich. Und wenn Not am Mann ist, helfen unsere erwachsenen Söhne auch mal mit aus.“

Nilay Güler ergänzt: „Ich habe meinen Mann auf die gleiche Art kennengelernt, wie meine Schwiegereltern sich 30 Jahre vorher getroffen haben: bei seinem Heimaturlaub in Adana. In der Türkei habe ich Touristik studiert, aber nachdem ich nach Hamburg gekommen war, stand eigentlich von Anfang an fest: ‚Ich gehe mit in den Laden!‘

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In den ersten Jahren habe ich vor allem erst mal schnell und gründlich Deutsch gelernt. Mittlerweile haben wir auch zwei Kinder, unsere Tochter Melis und unseren Sohn Aziz. Ich bin tagsüber im Laden mit meiner Schwiegermutter Mihrican. Sie ist für mich die eigentliche Genussheldin – denn sie hat sich all die köstlichen Rezepte für unsere Salate, Pasten und Cremes selber ausgedacht. Nun gibt sie diese Rezepte an mich weiter und bringt mir alles bei, damit ich diese Tradition einmal fortführen kann.

Wir arbeiten viel, aber es ist auch schön zu sehen, dass wir die Kunden glücklich machen. Ganz viele sind Stammkunden, kennen den Laden seit Jahrzehnten und haben mich sehr nett aufgenommen. Eigentlich sind wir hier in Eimsbüttel Bestandteil einer großen Familie.“

  • „Genusshelden“
    Gerd Rindchen, Hamburger „Wein-Papst“ und exzellenter Kenner der hiesigen Gastro-Szene, stellt in seinem Buch „Genusshelden“ Hamburger vor, die mit ihrer Leidenschaft für gutes Essen und Trinken die Stadt kulinarisch bereichern. Das Buch, das vom Junius Verlag und dem Abendblatt gemeinsam herausgebracht wird, enthält insgesamt 30 Porträts sowie ebenso viele Rezepte. Es hat 144 Seiten, kostet 29,90 Euro und ist im Buchhandel, in der Abendblatt-Geschäftsstelle (Großer Burstah 18–32) sowie unter www.abendblatt.de/shop erhältlich. Das Abendblatt druckt eine Auswahl der Geschichten jeden Sonnabend auf der Seite „Zu Tisch“.

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