Max Raabe in Jeans? Schwer vorstellbar. Privat jedoch trägt der Künstler die blauen Nietenhosen durchaus gern. Seine Berufskleidung indes, die ist und bleibt der Frack mit Fliege, zumindest aber ein dunkler Anzug mit weißem Hemd und Krawatte.

Das ist (äußerlich) der Stoff, aus dem der Raabe singt; musikalisch bilden die alles andere als beschaulichen 1920er- und 30er-Jahre weiterhin die Basis seines Schaffens – immer mit feiner Ironie und schrägem Humor. Davon zeugt auch der Titel seines neuen Programms „Der perfekte Moment ... wird heut verpennt“. Damit gastieren Max Raabe und das Palast-Orchester an diesem Dienstag und Mittwoch erstmals im Mehr! Theater. Die gleichnamige Single war bereits im Herbst erschienen und dient als Tournee-Motto.

Noch mehr Raabe-Pop also. Der Sänger weiß inzwischen, wie man gute Lieder schreibt: dank Nichtstun! Nur so könne Raum für den perfekten Moment entstehen, in dem einen die Muse küsst, meint Raabe. „Kein Schwein ruft mich an“ (sein erster Hit von 1992) – und dennoch geht’s voran? Ist natürlich recht verkürzt: Das neue Album entstand in Zusammenarbeit mit Pop-Fachkräften wie Pianist Christoph Israel, Peter Plate, Ulf Leo Sommer, Daniel Faust und Achim Hagemann. Nicht zu vergessen Ex-Ideal-Sängerin Annette Humpe, mit der Raabe schon sein Vorgänger-Album „Für Frauen ist das kein Problem“ (2013) produziert hatte.

Durchbruch im Kinofilm „Der bewegte Mann“

Seit 35 Jahren bereits lebt der als Matthias Otto im nordrhein-westfälischen Lünen geborene Künstler in Berlin, wo an der damaligen Hochschule der Künste auch seine Ausbildung zum staatlich geprüften Opernsänger absolviert hat. Das Palast-Orchester hatte der Bariton mit einigen Freunden lange vor seinem Studium gegründet, die Auftritte dienten dessen Finanzierung und später der künstlerischen Horizonterweiterung.Nach dem Durchbruch mit dem Auftritt in der Kinokomödie „Der bewegte Mann“ (1994) wirkte Raabe in weiteren Film- und Fernsehproduktionen sowie Bühnen-Inszenierungen mit.

In der New Yorker Carnegie Hall hat der jetzige Mittfünfziger inzwischen ebenso konzertiert wie 2010 in Israel. Sein Auftritte bei deutschstämmigen Israelis fanden auch deshalb großen Anklang, weil sich Raabe Liedern jüdischer Komponisten und Texter widmete, die bis 1933 die deutsche Unterhaltungsmusik geprägt hatten, unter der Nazi-Herrschaft dann aber verpönt waren.

In der Weimarer Republik hat diese Musik die alltäglichen Sorgen in den Hintergrund treten lassen. Wie das 90 Jahre später gelingt, zeigen Max Raabe das Palast-Orchester jetzt. Immer schön mit lässiger Eleganz.

„Der perfekte Moment ... wird heut verpennt“ Di/Mi 13./14.2., jeweils 20 Uhr, Mehr! Theater am Großmarkt, Banksstraße 28, Karten zu 46,50 bis 78,50 Euro in der Abendblatt-Geschäftsstelle, Großer Burstah 18-32