Das Leben des Dichters Wolfgang Borchert ist untrennbar mit Hamburg verbunden. Hier, an den Landungsbrücken, stürzte sich der Kriegsrückkehrer Beckmann aus Borcherts Stück „Draußen vor der Tür“ vor 70 Jahren in die „nach Öl und Fisch stinkende Elbe“ – im Traum.

Es waren die kargen Nachkriegsjahre voller Zerstörung, Hunger, Kälte. Den Menschen in diesen schwierigen Zeiten gab Borchert wie kein anderer ein Gesicht. Diese Gabe steht heute im Zentrum einer besonderen Veranstaltung: „Wolfgang Borchert – seine Sicht der Menschen in Kurzgeschichten und Gedichten“ lautet der Titel einer Lesung mit dem Hamburger Schauspieler Kai Maertens und dem Literaturkenner Nils C. Freytag im Mahnmal St. Nikolai. Bebildert werden die Texte von der Grafikerin Tina Nispel, die die Texte in spontane Graphic Novel Recordings übertragen wird. Die Kunstwerke werden am Ende zu Gunsten des Mahnmals St. Nikolai versteigert.

Wolfgang Borchert, 1921 geboren in Hamburg, gestorben 1947 in Basel, wurde zum bekanntesten Vertreter der sogenannten Trümmerliteratur, hat aber darüber hinaus auch viele weitere Gedichte und Geschichten geschrieben, in denen er einen weniger desillusionierten Ton anschlägt und einen liebevollen Blick auf seine Mitmenschen offenbart. Unter anderen wird an diesem Abend der Text „Schischyphusch – oder Der Kellner meines Onkels“ zu Gehör kommen. Borchert erzählt darin von der Freundschaft zweier unterschiedlicher Männer. Auf der einen Seite ein kleiner, ängstlicher Kellner, daneben ein großer und lauter Fabrikant. In einem Gartenlokal irgendwo in Norddeutschland begegnen sie einander und werden zu einem Sinnbild der Schönheit von Vielfalt und Toleranz. Andere bekannte Geschichten Borcherts, wie „Das Brot“, „An diesem Dienstag“ oder „Nachts schlafen die Ratten doch“ sind längst zu einer beliebten Schullektüre geworden.

Kai Maertens hat zuletzt am Altonaer Theater als Vater in Joachim Meyerhoffs „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“ geglänzt. Nils C Freytag ist St. Paulianer und Literaturliebhaber.

„Wolfgang Borchert – seine Sicht der Menschen in Kurzgeschichten und Gedichten“ Mi 17.1., 19.30 Uhr, Mahnmal St. Nikolai, Willy-Brandt-Straße 60, Eintritt 6, ermäßigt 4 Euro