Ausgehen. Karaoke ist die Lizenz zum Singen: schief und laut und fröhlich. Kann man in Hamburg in vielen Bars

Das k.u.k.-Regime hat seit Jahrzehnten Firmen fest in der Hand, wenn es um Teambildung oder Weihnachtsfeiern geht. Wobei es eher heißen muss: k.o.k. – Kegeln oder Karaoke? Egal: Hauptsache, peinlich, fröhlich und enthemmt.

Und weil es so toll ist, wird beides auch im Jahresschlussspurt und über Firmenfeiern hinaus ausgiebig betrieben. Betrachten wir an dieser Stelle speziell die Spaßpraxis des Karaoke-Singens, der nicht zuletzt in Sofia Coppolas formidablen Film „Lost in Translation“ ein Denkmal gesetzt wurde. Ein in Japan spielender Film ohne Karaoke wäre auch ein Frevel gewesen. Womit nicht gesagt sein soll, dass die größte kulturelle Hervorbringung der Japaner besoffenes, schiefes Krächzen von Liedern ist, die nach der feucht-fröhlichen Bearbeitung nur noch in Umrissen zu erkennen sind: Aber es ist ganz sicher das lustigste Exportprodukt aus dem Land des ewigen Lächelns.

Und Lachen ist die Währung, wenn freundliche Menschen sich zum gemeinsamen Song-Schmettern verabreden, es ist der wahre Akt der Katharsis – wenn man seine Seele von allen Spannungen und Verknäulungen nicht allein durch das in der komplett falschen Oktave gesungene Lieblingsstück befreit hat.

Ehrgeiz ist beim Karaoke-Singen so fehl am Platz wie Scham und Selbstrespekt, aber wer unbedingt will, der kann seit einiger Zeit zu Hause üben, bevor es auf die Piste geht. Auf Spielekonsolen nämlich – die X-Box als Trainingslager für „The Time of My Life“.

Die Daddelkiste in den eigenen vier Wänden hat im optimalen Fall übrigens unbedingt Vorbildcharakter: Karaoke in Perfektion gibt es nur dann, wenn der Sound der Instrumentalversionen möglichst blechern ist. Exzellenz ist bei der wahren Karaoke keinesfalls erwünscht! Beschweren Sie sich in jedem Fall beim Betreiber der Karaoke-Bar, sollten die Höhen und Tiefen korrekt abgemischt sein.

Und misstrauen Sie jedem Vorsänger oder jeder Vorsängerin, die ihr Handwerk tatsächlich versteht – beziehungsweise missversteht. Dann liegt der Verdacht nahe, dass hier jemand in Wahrheit in die Castingshow will. Laut Wikipedia wurde der „Weltrekord“ im Karaoke-Singen 2008 in einem finnischen Karaoke-Club aufgestellt: 2008 wurde 446 Stunden, 4 Minuten und 6 Sekunden lang gesungen.

Karaoke Bars: Thai Oase (S Reeperbahn), Große Freiheit 38, So-Do 20.00-4.00, Fr,
Sa 20.00-6.30 (Reservierungen unter
T. 31 79 20 95); Tawan Daeng (S Reeperbahn), Hopfenstr. 34, Do-Sa ab 20.00;
La Ilonga
(S Reeperbahn), Davidstr. 36; Na- korn-­Luang Thorung Thai (S Reeperbahn), Gr. Freiheit 39, Mo, Di, Mi, Do, So: 16.00-4.00, Fr, Sa, Feiertage: 16.00-6.00: Man Nam (U Messehallen), Karolinenstr. 1, Di–Do: 18.00-2400, Fr/Sa 18.00-2.00, So 18.00-24.00