Man kann der Weltliteratur nicht vorwerfen, sie habe eine der essenziellen Voraussetzungen des menschlichen Daseins ausgespart. In Marcel Prousts Erinnerungsorgie „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ ist der Verzehr eines elenden Gebäcks, die den unsterblichen Marcel in einen Erzähltaumel stürzt. Nahrungsaufnahme, Lebensmittel, Essenszubereitung: Das sind, in einem Wort, Motive des Literarischen.

„Schokoladen-Cupcakes mit Pfefferminz-Buttercreme“ gibt es zum Beispiel bei Jonathan Franzen zu essen, während sich bei Heinz Strunk („Fako“) nur Flüssignahrung einverleibt wird. Am ergiebigsten für Sinnenfreudige ist Marie NDiayes jüngster Roman „Die Chefin: Roman einer Köchin“ – „Fenchel- und Karottenfrikassee mit Lavendelhonig“ kommt da auf den Tisch. In Hamburg gibt es einen Koch, der schreibt: Stevan Paul. Und der schwäbische Fernsehkoch Vincent Klink („Häuptling eigener Herd“) verlegt seine Bücher teilweise sogar selbst. Jetzt ist er Gast im Philosophischen Café des Literaturhauses, sein diesmaliges Thema liest sich plakativ wie folgt: „Ein Tag ohne Kochen ist ein trauriger Tag“.

Es geht um Kochen und Essen als kulturelle Handlungen, es geht um das Geistige im Kulinarischen – und deswegen hat Gastgeber Reinhard Kahl, der diese Spezialausgabe seiner philosophischen Reihe in die Freie Akademie der Künste verlegt hat, neben Klink auch professurale Unterstützung besorgt. Elisabeth Bronfen, die zuletzt eine vorzügliche Studie über „Mad Men“ (erschienen im Diaphanes-Verlag) vorgelegt hat und Kulturwissenschaftlerin an der Universität Zürich ist, ist leidenschaftliche Köchin, was sich in dem Buch „Besessen. Meine Kochmemoiren“ (Echtzeit-Verlag) niedergeschlagen hat. Tilman Allert ist Soziologe in Frankfurt, sein Buch heißt „Gruß aus der Küche. Soziologie der kleinen Dinge“ (S. Fischer). Und kürzlich erst erschien „Der Mund ist aufgegangen. Vom Geschmack der Kindheit“ – womit wir wieder bei Marcel Proust wären.

Philosophisches Café Extra: „Ein Tag ohne Kochen ist ein trauriger Tag“ Mo 23.10., 19 Uhr, Freie Akademie der Künste, Klosterwall 23, Eintritt 14, ermäßigt 10 Euro