Jetzt hat Staatsanwältin Chastity Riley den Bogen eindeutig überspannt: Gegen Vorgesetzte ermitteln und sie dann noch der Korruption überführen? Macht man halt nicht, und wenn doch, muss man eben mit den Konsequenzen leben. Wie Chastity das jetzt muss. Sie ist zum Opferschutz versetzt worden, um die Täter sollen sich andere kümmern. Damit ist das Spiel erst einmal aus für die Frau mit dem losen Mundwerk und dem Herz am rechten Fleck.

Chastity Riley ist die sehr eigenwillige Heldin in den Kriminalromanen der Hamburger Autorin Simone Buchholz. „Blaue Nacht“ ist der Titel des sechsten Riley-Romans – und so heißt auch eine Bar auf dem Kiez, in der Teile der Geschichte spielen. Nicht dort, aber in Planten un Blomen wird Buchholz heute Abend aus ihrem Krimi lesen, musikalisch begleitet von dem Hamburger Liedermacher und Gitarristen Sven Bünger.

Das Opfer, mit dem es Riley in „Blaue Nacht“ zu tun bekommt, ist übel zugerichtet worden – und hat keinen Namen, zumindest will der Mann ihn nicht verraten. Riley, schlagfertig und trinkfest, weiß mit solchen Typen umzugehen – nach ein paar Bierchen am Krankenbett wird der arg Lädierte redselig. Zwar verrät er nicht seinen Namen, aber den einer Kiezgröße, offiziell unbescholten, aber nur, weil ihr noch niemand etwas nachweisen konnte. Sie ist ein ehrenwertes Mitglied der hanseatischen Gesellschaft geworden.

Und so ist Riley mitten in einer hässlichen Geschichte: Hamburg als Umschlagplatz für synthetische Drogen, organisierte Kriminalität, mafiöse Strukturen. Das passt nach Hamburg, findet Buchholz: „Es gibt hier diese wunderbare Kompatibilität zwischen der hanseatischen DNA und der Mafia-DNA: Geld wird verdient, aber man spricht nicht darüber.“

Man macht sich die Hände nicht gern schmutzig, dafür hat man schließlich seine Leute. Es ist der schnodderige Ton, der Mix aus der Realität abgeschauten Milieuschilderungen und punktgenauen sprachlichen Bildern, die die Romane von Buchholz zu etwas Besonderem machen. Harte Metropolenkrimis mit Herz und Humor.

„Meine Geschichten finde ich nicht auf der Straße, auf der Straße finde ich den Ton, wie die Leute reden, und die Atmosphäre“, erzählt Buchholz. Und die Straßen sind dort, wo auch die Autorin lebt: mitten auf dem Kiez, auf St. Pauli.

Seinen ganz eigenen Ton hat auch Sven Bünger gefunden. Auf seinem zweiten Album „Nie zu spät für eine glückliche Kindheit“ hat er eine Reihe von Songs versammelt, die sich dem Blues verwandt fühlen. Bünger, der Musiker ist und auch Produzent, erzählt von dem, was schief läuft in der Gesellschaft, was nicht schön ist, aber gesagt werden muss. Gerade in einer Welt, die sich im Umbruch zu befinden scheint, in der nicht mehr gilt, was lange selbstverständlich war. Komfortzone war gestern. Da begegnen sich Buchholz und Bünger, die Krimiautorin und der Musiker: Ein Blatt vor den Mund nehmen beide nicht, Missstände werden beim Namen genannt.

Anfang August erscheint mit „Beton Rouge“ Simone Buchholz’ siebter Roman mit Chastity Riley. Es wird gewiss nicht der letzte sein, diese charismatische Heldin wird weiterleben.

Wortpicknick: Simone Buchholz, Sven Bünger Mi 19.7., 20.15 Uhr, Planten un Blomen, Musikpavillon, St. Petersburger Straße 28, Eintritt frei