Fotografie. Die Ausstellung „Auf der Autobahn in die moderne Welt“ im Museum für Kunst und Gewerbe überrascht mit ihren Perspektiven

Ergänzend zur aktuellen Ausstellung „Re/Vision“, die die hauseigenen Foto-Bestände anhand einzelner Themen neu präsentiert, zeigt das Museum für Kunst und Gewerbe nun auch die nächste der Reihe „Sammlung Fotografie im Kontext“. Es sind spannende, von Aufbruchstimmung getragene Aufnahmen von einer modernen Welt, der man sich in ihrer halb-abstrakten Schönheit verschrieben hatte, nachdem die Nazis entmachtet waren, Heroisierung sowie Blut-und-Boden-Realismus endlich der Vergangenheit angehörten.

Die Fotografen besannen sich auf die Vorkriegs-Moderne

Ein Bild von Heinz Hajek-Halke fungiert für die kleine Ausstellung als Ideengeber, erklärt Kurator Sven Schumacher. Was es genau zeigt, ist nicht mehr auszumachen, weil der Fotograf dafür zwei Negative übereinander belichtet hat: eine nächtliche Straßenszene und die Studioaufnahme eines Drahtgeflechts. Hajek-Halke wollte damit wohl die Dynamik und Motorisierung der Großstadt versinnbildlichen, entstanden ist ein völlig abstraktes Bild aus Licht und Schatten, dessen geometrische Formen faszinieren.

Auch der große Fotograf Otto Steinert ist vertreten. Er gilt bis heute als Vordenker seiner noch lange am Handwerklich-Technischen haftenden Zunft und vertrat die Ansicht, dass alle technischen und gestalterischen Möglichkeiten einzusetzen seien, um zu künstlerischen Ergebnissen zu kommen. Steinert ist unter anderem mit einem „Lichtschrift“-Bild vom Pariser Place de la Concorde vertreten, das ganz seines Gegenstands enthoben ist. Peter Keetman und Max Scheler haben sich dem Fetisch Autobahn genähert und ihm durch besondere Perspektiven von oben, schräges Licht oder einen Scheinwerferstreifen in weißer Schneelandschaft etwas Magisches, auf jeden Fall Begeisterndes, verliehen.

Subjektiver und entrückter wirkt ein Foto von Toni Schneiders: die Aufnahme eines Hauses ohne Horizont, an dem vorbei ein Weg einen anderen kreuzt. In den 1950er-Jahren ging es wichtigen Fotografen also darum, sich mit dem Blick nach vorn auf die Tendenzen der Vorkriegs-Moderne zu besinnen, auf Abstraktion und Subjektivität. Zwar wird erste Kritik erkennbar, zum Beispiel an der Umweltverschmutzung, aber eher hielten sich die Fotografen damals mit Kommentaren zum Zeitgeschehen zurück.

„Auf der Autobahn in die moderne Welt“ Museum für Kunst und Gewerbe (U/S Hbf.), Steintorplatz, Di–So 10.00–18.00, Do bis 21.00, Eintritt 12,-/8,-, Ausstellung bis 30.4.