Vortrag. Die Philosophen Richard David Precht und Hilal Sezgin diskutieren über das, was wir essen – oder eben nicht

„Tiere denken“ heißt das aktuelle Buch des Bestseller-Philosophen Richard David Precht. Er beschäftigt sich in seiner Betrachtung mit grundlegenden Fragen, die die Haltung des Menschen zur Kreatur betreffen. Der Widerspruch ist offensichtlich: Einerseits halten wir sie uns als Haustiere, domestizieren, verzärteln und verwöhnen sie. Andererseits hauen wir sie uns in die Pfanne. Wir benutzen sie für Experimente, in denen es darum geht, in der medizinischen Forschung voranzukommen, die den Menschen dient. Wir sperren sie ein, um sie uns im Zoo anzusehen.

Klingt nach moralischer Sackgasse – und ist mindestens eine bedenkenswerte Problemstellung. Der Denker Precht („Lenin kam nur bis Lüdenscheid. Meine kleine deutsche Revolution“, „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“) begann seine publizistische Karriere einst mit der Schrift „Noahs Erbe“, in der er sich auf die Seite der Tiere schlug, um die Grenzen des menschlichens Handelns zu nennen.

Auf jenem alten Buch baut Prechts neues nun auf. „Noch nie war die Kluft so groß, die das, was Menschen im Umgang mit Tieren für richtig halten, und das, was tatsächlich praktiziert wird, voneinander getrennt“, schreibt Precht – und kommt mit seinen Thesen ins „Philosophische Café extra“, in dem er auf eine Kollegin trifft: die Philosophin Hilal Sezgin („Artgerecht ist nur die Freiheit“, „Hilal Sezgins Tierleben“). Sezgin lebt auf einem Hof in der Lüneburger Heide – das macht einen Menschen automatisch zum Tierfreund.

Die gebürtige Frankfurterin Sezgin ist eine der bekanntesten Tierethikerinnen des Landes. Sie ist überaus konsequent, was in der heutigen Zeit dazu führen kann, dass man Veganerin wird. Wie in ihrem Falle geschehen. Sezgin entschied sich für eine radikale Ernährungs- und Lebensumstellung, weil sie sah, dass auch Tiere für Bio-Produkte nicht artgerecht gehalten werden. Auf dem Land hütet sie nun mehr als 40 Tiere: Schafe, Hühner, Gänse. Die Frau ist durchaus eine Missionarin: Ihr jüngstes Buch heißt „Wieso? Weshalb? Vegan!: Warum Tiere Rechte haben und Schnitzel schlecht für das Klima sind“ und richtet sich erklärtermaßen an junge Veganer oder solche, die es werden wollen. Dass Sezgin dabei eher humorvoll als belehrend ist, dürfte ihren Erfolg erklären.

Manch einer hat derzeit das Gefühl, die Vegan-Welle sei bereits am Auslaufen – man denke an den kursierenden Spruch „Ist das vegan, oder kann man das essen?“ Dabei wird die Zahl derer, die auf tierische Lebensmittel verzichten, mit Sicherheit weiter steigen. Und in einer fernen Zukunft der Fleischverzehr vielleicht eine Seltenheit und irritierende Erinnerung an früher sein. Es gibt im „Philosophischen Café extra“ also einiges zu ­besprechen.

„Philosophisches Café extra“ mit Richard David Precht und Hilal Sezgin Mo 13.2., 19.00, Freie Akademie der Künste (U Steinstr.), Klosterwall 23, Eintritt 14,-/10,- (erm.)