Kunst. In ihrer Galerie versammelt Renate Kammer Werke von Joseph Beuys bis zu Jonathan Meese

Den „Gabentisch“ hatte Renate Kammer reich gedeckt, und so kamen um die hundert Menschen zu ihrer adventlichen Ausstellungseröffnung in die Galerie am Münzplatz. Ihrem Kunstsinn und ihren langjährigen Sammler-Kontakten sei Dank, ist der Tisch und alles drumherum bestens bestückt mit Werken interessanter, oft renommierter Künstler.

Schön ist, dass man bei Renate Kammer auch Bilder und Skulpturen entdecken kann, deren Schöpfer noch nicht zum großen Who’s who der bildenden Kunst gehören. Etwa die Japanerin Nobuko Watabiki: Mit einfachsten Formen der mit satten Ölpastellen ausgemalten farbigen Flächen erzeugt sie einen Eindruck von Räumlichkeit, der sich durch das raue, faserige Japanpapier noch verstärkt.

Auch eine Arbeit von Marcel Duchamp ist zu sehen

Ebenfalls abstrakt simuliert Ludwig Wilding mit seinem „Farbspalt-Objekt“ im Schaufenster Bewegung, die lediglich vom Betrachter ausgeht: Wer den Kopf verschiebt, sieht einen roten Kreis – oder eben nicht. Weniger ab­strakt, dafür verliebt-verspielt wirkt eine Rarität, die der Schweizer Kinetikkünstler Jean Tinguely 1982 seiner Geliebten Niki de Saint Phalle schickte. Ein gemalter Liebesbrief, voller bunter, undefinierbarer Wölkchen mit darüber gestreuten Buchstaben. Wem vertraut man etwas so Persönliches an? „Manche Leute lieben Kunstwerke mit Geschichten dahinter“, weiß Renate Kammer. Und wer so etwas kaufe, der habe Respekt davor.

Auch altmeisterlich Gemaltes hat Renate Kammer zu bieten: Die Herbstblätter, die Manfred Holtfrerich mit feinsten Pinseln aquarelliert, ähneln den Pflanzen aus alten Florilegien. Neben Geheimtipps sind in dieser Ausstellung auffallend viele Hochkaräter versammelt: Diverses von Joseph Beuys und Jonathan Meese, ein Spaß-Stab von Martin Kippenberger, Dieter Roths Sonnenaufgang mit vergammelter Salamischeibe, oder, man staune, eines der wenigen Multiples, die es noch von Marcel Duchamp gibt: „Pri­ère de toucher“ steht da neben einer weiblichen Brust aus Pappmaché. Bitte berühren! Und so lautet das Motto der ganzen schönen Ausstellung.

„Prière de toucher“ Galerie Renate Kammer
(S/U Hauptbahnhof, Münzplatz 11, Öffnungszeiten: Di–Fr 12.00–18.00, Sa 11.00–14.00, Eintritt frei, die Ausstellung läuft bis zum 29.1.; www.galerierenatekammer.de