GroSSe Freiheit 36. Gitarrist und Sänger Chuck Ragan hat seine Wurzeln im Hardcore-Punk. In der Großen Freiheit 36 dürfen heute aber zartere Klänge erwartet werden

Das Flanellhemd und der Vollbart entsprechen genau dem Klischee, das man gemeinhin von einem amerikanischen Country­rocker hat. Chuck Ragan ist das egal, er fühlt sich in diesem legeren Outfit wohl. Auch sonst gibt er das Bild eines Musikers ab, dessen Stimme rau klingt und den man sich, ein paar Whiskys kippend, an der Bar eines Saloons im Mittleren Westen vorstellen kann.

Doch die musikalische Sozialisation des Sängers und Gitarristen erfolgte in einem anderen Genre. Ragan gehörte zur Band Hot Water Music und die stand für knüppelharten Post-Hardcore. Von 1994 bis 2005 war Ragan der Frontmann des Quartetts, dann gab er die Band auf, um sich mehr um seine Familie zu kümmern. Parallel dazu veröffentlichte er bald sein erstes Soloalbum, das von Folk und Blue-grass inspiriert war. Eine akustische Gitarre, eine Mundharmonika und seine kratzige Stimme reichten dem inzwischen 40 Jahre alten Kalifornier für Solokonzerte.

Inzwischen hat Ragan Hot Water Music reaktiviert. Musikalisch fährt er inzwischen zweigleisig auf der Punk- und der Folk-Schiene. Seit 2008 organisiert Ragan die sogenannte Revival-Tour. Dabei treten außer Ragan Musiker aus anderen Punkbands auf, spielen eigene Nummern, Coverversionen und wechseln zwischen elektrischen und akustischen Interpretationen. Unter anderem wurde er dabei von ­Brian Fallon (The Gaslight Anthem), Dan Andriano (Alkaline Trio) und Jon Gaunt begleitet. Der Fidelspieler ist auch in diesem Frühjahr dabei, wenn Ragan wieder auf Deutschland-Tournee kommt.

Erstaunlich ist Ragans Veröffentlichungspolitik. Als Solokünstler hat er seit 2007 acht Studio- und sechs Livealben herausgebracht. Außerdem ist er auf einer ganzen Reihe von Compila­tions dabei. „Till Midnight“ heißt seine aktuelle Platte aus dem vergangenen Jahr. Zu hören ist darauf seine große Liebe zum Rock ’n’ Roll, aber auch zu traditioneller amerikanischer Musik. Ragan schafft es, die Energie seiner Liveauftritte auch bei den Studioaufnahmen freizusetzen. „Till Midnight“ ist ein fulminantes Country-Rock-Album, das in seiner Intensität an frühe Springsteen-Aufnahmen erinnert. Ragan singt über Vagabunden und das Gefühl, in einem Schlafsack einzuschlafen. Wenn er jetzt in die Große Freiheit 36 kommt, wird er von seinem Quintett begleitet, und mit dem hat er noch jede Kneipe zwischen Santa Fe und Madison aufgemischt.

Chuck Ragan Di, 7.4., 20.00, Große Freiheit 36
(S Reeperbahn), Karten 28,30