Wer von Hamburg ins 425 Kilometer entfernte Köln will, der hat die Wahl der Qual: Auto, Bahn oder Flugzeug. St. Paulis Trainer Holger Stanislawski...

Wer von Hamburg ins 425 Kilometer entfernte Köln will, der hat die Wahl der Qual: Auto, Bahn oder Flugzeug. St. Paulis Trainer Holger Stanislawski hat sich für den Wagen entschieden. Zweimal die Woche - einmal hin und zurück - fährt er die Strecke mit dem Auto: vorbei an Dinklage, Ladbergen und Coesfeld zur Sporthochschule Köln, wo er unter der Woche für seinen Fußballlehrerschein büffelt. Elf Monate muss Stanislawski pendeln - und wer zweimal die Woche viereinhalb Stunden auf der Autobahn zurücklegt, der hat viel Zeit zum Nachdenken.

In den letzten Tagen dürfte Stanislawski auf der langen Fahrt ein Thema besonders beschäftigt haben: Nachdem Trainerneuling Markus Babbel den VfB Stuttgart als Interimscoach übernommen hat, fordern viele für den "verdienten Nationalspieler", der keine nötige Lizenz zum Trainieren eines Profivereins besitzt, eine Ausnahme - also eine Art "Lex Babbel".

VfB-Torhüter Jens Lehmann fragt sich, warum "der Markus oder auch ich selbst" elf Monate lang die Schulbank drücken sollen, nachdem sie doch als Profis viele Jahre von den besten Trainern der Welt gelernt hätten. Schließlich gibt es keine bessere Schule als das Leben - schon gar nicht das Fußballerleben. Und auch Bayerns Jürgen Klinsmann, der selbst einen verkürzten Lehrgang besuchen durfte, springt seinem Kollegen zur Seite. Schließlich müssten alle gleich behandelt werden: "Es gab einen Sonderlehrgang für die Welt- und Europameister. Davon haben Matthias und ich profitiert, und genauso gehört sich das für den Markus."

Nur der von Klinsmann angesprochene Matthias spielt plötzlich den Spielverderber. DFB-Sportdirektor Matthias Sammer will für seinen erfolgreichen Ex-Kollegen Babbel - zwei Bundesligasiege und ein Remis seit seinem Debüt - keine Ausnahme gestatten. Und sosehr man Sammers reformierten Trainerlehrgang in Köln auch kritisieren mag, seine Entscheidung im "Fall Babbel" ist richtig. Schließlich dürfen der angehende Fußballlehrer Stanislawski und seine Kollegen ebenfalls auf lange Spielerkarrieren - und im Gegensatz zu Babbel oft auch auf erste Erfahrungen als Trainer - zurückblicken. Den Lehrgang müssen sie trotzdem machen - und Babbel sollte das auch. Für den bleibt zumindest der Trost, dass die Strecke von Stuttgart nach Köln lediglich 370 Kilometer lang ist. Aber auch Babbel dürfte künftig genügend Zeit zum Nachdenken haben.