Sportfive-Chef Hendrik Schiphorst spricht über die Vermarktung der Titelkämpfe in Polen und Schweden und das Verhältnis zum HSV.

Rund 7,49 Millionen Menschen sahen am Mittwochabend die Viertelfinalniederlage der deutschen Handballer bei der WM gegen Frankreich im ZDF. ein Marktanteil von 26,5 Prozent, Platz eins im Tagesranking der meistgesehenen TV-Sendungen. Für Sportfive-Geschäftsführer Hendrik Schiphorst, dessen Agentur Gesamtvermarkter der Handball-WM ist, sind solche Zahlen wie Musik in den Ohren. Im Abendblatt spricht Schiphorst über die gestiegene Begeisterung für Handball, den immer noch großen Abstand zum Fußball und den HSV.

Hamburger Abendblatt: Herr Schiphorst, beim Blick auf die TV-Quoten von ARD und ZDF bei der Handball-WM dürften Sie sofort gute Laune bekommen, oder?

Hendrik Schiphorst: Absolut. Wir hatten schon in den vergangenen Jahren immer tolle Quoten bei großen Handball-Turnieren, in diesem Jahr ist es noch besser geworden. Wir vermarkten die Weltmeisterschaft allerdings nicht nur in Deutschland, sondern betrachten auch die TV-Quoten in anderen Ländern. In Dänemark hatte ein Spiel der dänischen Handballer zuletzt beispielsweise 73 Prozent Marktanteil im linearen Fernsehen. Das ist unvorstellbar und gab es in Deutschland früher maximal bei der „Schwarzwaldklinik“ (lacht).

Sie sind global tätig, nicht überall wird die Handball-WM so begeistert verfolgt wie in Europa. In welchen Ländern und Kontinenten funktioniert diese Sportart für Sie als Vermarkter noch nicht so gut?

Schiphorst: Handball ist nach wie vor in erster Linie ein europäisches Thema. Andere Kontinente ziehen zwar nach, trotzdem liegt der Fokus dieser Sportart klar auf Europa und explizit auf den skandinavischen und osteuropäischen Märkten. Deutschland ist auch ein Kernmarkt, der ebenfalls historisch gewachsen ist und jetzt große Zuwächse in den Einschaltquoten verzeichnet.

Frei empfangbar im öffentlich-rechtlichen Fernsehen waren bis zum Halbfinale nur die deutschen Spiele, die anderen Partien liefen auf sportdeutschland.tv im kostenpflichtigen Internetstream. Wie zufrieden sind Sie mit dieser Aufteilung?

Schiphorst: Streamingplattformen werden grundsätzlich immer interessanter, die Medienlandschaft immer fragmentierter. Auch die Handball-Bundesliga setzt ab Sommer mit Dyn Media auf einen Streaminganbieter anstelle von Sky. Es ist für uns aber trotz Streamings immer noch wahnsinnig wichtig, stationäre Anbieter wie die ARD und das ZDF zu haben, weil die für den Löwenanteil der Einschaltquoten sorgen. Viele Streamingplattformen wie sportdeutschland.tv sind bei den Konsumenten noch nicht wirklich im Bewusstsein und Nutzungsverhalten verankert. Damit wie beim Fußball sämtliche Spiele einer WM im öffentlich-rechtlichen Fernsehen übertragen werden, muss Handball noch deutlich wachsen. Bisher ist der Sport nicht groß genug, dass die ARD und das ZDF ihr gesamtes Programm dafür dauerhaft umstellen würden.

Sie sind bei der Handball-WM nicht nur für die TV-Rechteverteilung, sondern auch alle werblichen Partner zuständig, die auf LED-Banden, dem Hallenboden oder den Interviewwänden auftreten. Wie beliebt sind diese Werbeplätze bei Unternehmen?

Schiphorst: Wir mussten die Unternehmen zwar von uns aus ansprechen und aktiv verkaufen, der Zuspruch war aber riesig. Wir haben einige Bestandspartner, die wir bereits aus unserer Vermarktungskooperation mit dem Deutschen Handball-Bund (DHB) kannten und die nun auch bei der WM werben. Wir haben aber auch viele neue Partner gewinnen können. Geholfen hat uns, dass die Handball-WM größtenteils in einer Zeit ohne Fußball stattfindet. Auch als Gegenpol zur Fußball-WM in Katar funktioniert dieses Turnier sehr gut. Die Handball-WM ist deutlich volksnäher und anfassbarer als die Katar-WM. Jetzt geht es darum, diese Begeisterung mit in die Handball-Bundesliga zu nehmen.

Das sagt man bei jeder Handball-WM.

Schiphorst: Das stimmt (lacht). Aber ich glaube, dass es trotzdem passieren wird. Die Hallen in Deutschland sind alle voll, zwischen Sky und Dyn Media gab es zudem erstmals einen richtigen Bieterwettkampf um die TV-Rechte. Das spricht für das Produkt Handball.

Warum steigen Sie nicht auch großflächig in der Handball-Bundesliga ein, wenn die WM so ein großer Erfolg für Sie ist?

Schiphorst: Die Einschaltquoten der Handball-Bundesliga bei Sky sind okay, aber nicht ansatzweise so gut wie bei der WM. Da versprechen wir uns viel vom neuen Fernsehvertrag mit Dyn Media ab Sommer. Wir konzentrieren uns bei der Vermarktung von Clubs auf europäischen Spitzenhandball, kooperieren deshalb bisher nur mit dem THW Kiel und den Füchsen Berlin. Der THW hat im Sponsoring- und Hospitality-Bereich Umsätze im hohen siebenstelligen Bereich. Solche Werte sind mit einem Fußball-Zweitligisten vergleichbar. Die Handball-Bundesligaclubs in der Breite zu vermarkten wäre für uns im Moment nicht sehr erfolgversprechend. Ganz einfach gesagt verkaufen wir Reichweite – und da fällt Sky gegenüber öffentlich-rechtlichen Sendern in den Zahlen naturgemäß ab. Es gibt hin und wieder einzelne Bundesligaspiele, die von der ARD oder dem ZDF übertragen werden und exzellente Quoten bringen. Es würde dem Sport helfen, wenn es noch mehr dieser frei empfangbaren Schwerpunktspiele geben würde. Im neuen Rechtevertrag mit Dyn Media ist das nach meiner Kenntnis aber auch vorgesehen.

Die Fans klagen darüber, ständig neue Abonnements abschließen zu müssen, um alle Sportarten verfolgen zu können. Warum sehen Sie diese Aufsplitterung dennoch positiv?

Schiphorst: Jede mediale Berichterstattung hilft uns in der Vermarktung maßgeblich weiter, weil es die Reichweite steigert. Ich kann verstehen, dass die Zuschauer manchmal genervt sind, der Trend ist aber nicht aufzuhalten. Neue Anbieter benötigen Zeit, bis die Zuschauer sie in ihr Nutzungsverhalten integrieren. Die Herausforderung dabei ist vor allem, die ältere Zielgruppe dahin zu bewegen, den Schritt zum neuen Anbieter mitzugehen. Der ehemalige DFL-Geschäftsführer Christian Seifert und Axel Springer wären mit Dyn Media wohl kaum bei der Handball-Bundesliga eingestiegen, wenn sie nicht an das Produkt glauben würden.

Mit dem Handball Sport Verein Hamburg gibt es auch in Hamburg wieder einen Bundesligaverein, der perspektivisch wieder auf europäischem Niveau spielen möchte. Ist der Verein für eine Kooperation aus Ihrer Sicht interessant?

Schiphorst: Den früheren HSV Handball haben wir in der Vergangenheit bereits vermarktet. Wir haben den Verein nach der Insolvenz in der Dritten und Zweiten Liga beim Wiederaufbau in der Vermarktung unterstützt, aber dann gemeinsam entschieden, dass der Verein sich erst einmal weiter stabilisiert. Wir sind in einem guten Kontakt, und ich glaube, dass eine Zusammenarbeit mit dem HSVH für uns zukünftig wieder ein Thema werden könnte, wenn sie sportlich noch erfolgreicher werden. Dann müssten aber natürlich auch beide Seiten ein Interesse daran haben.

Bereits seit 1998 arbeiten Sie mit den Fußballern des HSV zusammen. Als Thomas Wüstefeld im vergangenen Jahr in den Vorstand aufstieg, stand die Zusammenarbeit kurzzeitig auf der Kippe. Wüstefeld wollte die Verträge mindestens überarbeiten, möglicherweise komplett kündigen. Hat sich das nach Wüstefelds Rücktritt wieder geändert?

Schiphorst: Wir haben mit dem HSV einen langfristigen Vertrag über 2025 hinaus. Nach dem Ausscheiden von Herrn Wüstefeld haben wir mit den aktuellen Vorständen Jonas Boldt und Eric Huwer schon wieder gute Gespräche geführt. Eine Anpassung der Verträge muss für beide Seiten Sinn ergeben. Ich kann nur sagen, dass die Qualität der Zusammenarbeit mit dem HSV mittlerweile wieder eine ganz andere ist und wir sehr vertrauensvoll mit dem neuen Vorstandsduo zusammenarbeiten. Auch mit dem neuen HSV-Marketingchef Moritz Beckers-Schwarz haben wir seit dem 1. Dezember wieder einen festen Ansprechpartner beim Verein, was sehr wichtig für uns ist.

Im Sommer läuft der Vertrag des HSV mit der Kühne Holding AG bezüglich des Stadionnamens aus. Wird der HSV auch in der neuen Saison im Volksparkstadion spielen, oder gibt es einen neuen Namen?

Schiphorst: Die Gespräche mit Herrn Kühne führt der HSV, den Inhalt dieser Gespräche kenne ich nicht. Wir sind aber darüber hinaus auch auf dem Markt aktiv und prüfen, ob es ein Interesse für eine kommerzielle Nutzung des Namensrechts gibt. Darüber hinaus gibt es öffentlich zurzeit auch die Diskussion zur Umbenennung ins Uwe-Seeler-Stadion. Am Ende muss der HSV entscheiden, ob und wie er mit den Benennungsrechten am jetzigen Volksparkstadion verfahren will.