Hamburg. Drei Grünen-Politiker fordern gerechte Corona-Hilfen für Unternehmen und zeigen auf, wie sie sich das vorstellen.

Es gehört wohl zum Einmaleins des Amtes, wenn ein Wirtschaftsminister zu Beginn einer nie da gewesenen Krise sagt, es solle kein Unternehmen aufgrund der Corona-Pandemie pleitegehen. Dieser Satz, den Peter Altmaier sinngemäß im März von sich gab, war gut gemeint, aus heutiger Sicht aber falsch. Denn seitdem hat die Bundesregierung zahlreiche Hilfsprogramme mit gut gemeinten politischen Botschaften als Begleitmusik aufgelegt – und sich damit verheddert.

Zunächst möchten wir festhalten: Die aktuellen Wirtschaftshilfen sind keine Almosen für Unternehmer! In der aktuellen Situation muss der Staat die wirtschaftliche Aktivität drastisch einschränken und gleichzeitig verhindern, dass dadurch Strukturen kaputtgehen, die wir in Zukunft brauchen. Die gigantische Mobilisierung von Geld dient dazu, Arbeitsplätze zu erhalten, wirtschaftliche Wertschöpfung zu bewahren und damit die Steuereinnahmen von morgen zu sichern. Das ist uneingeschränkt richtig.

Fatal für das Vertrauen in staatliches Handeln

Dagegen steht, dass der Unmut bei Unternehmern und Selbstständigen mit jedem Tag wächst. Es besteht das Gefühl, der Staat handle nicht gerecht, sondern eher willkürlich und spontan statt auf durchdachter Planung basierend. Das ist fatal für das Vertrauen in staatliches Handeln – und zwar auf zwei Ebenen.

Erstens ist das lautstarke Buhlen um Soforthilfen unter den Wirtschaftsbranchen in vollem Gang. Das ist bei der Kakofonie der Hilfen verständlich, aber nicht zielführend. Denn es nährt den fatalen Eindruck, dass, wer am lautesten schreit und am besten vernetzt ist, die anderen im Rennen um staatliche Hilfsgelder abhängt.

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Zweitens ist das Vertrauen gesunken, dass die Hilfen einfach und gerecht beantragt und zugesprochen werden. Bei den Soforthilfen müssen Unternehmer ihre Bedürftigkeit nachweisen, und es werden diejenigen bestraft, die Rücklagen gebildet hatten. Beim ersten Überbrückungsgeld geriet das Kleingedruckte so umfangreich, dass kaum jemand herausfand, wer antragsberechtigt war.

Corona wird unser Leben und unsere Wirtschaft auch in diesem Jahr noch stark beschäftigen. Was wir deshalb jetzt dringend brauchen, ist eine Leitidee für 2021.

Maßstab für Zuschüsse muss Verlustminderung sein

Unser Vorschlag: Der Maßstab für alle nicht rückzahlbaren Zuschüsse muss die Verlustminderung über das gesamte Wirtschaftsjahr sein – nicht Umsatz oder Fixkosten. Denn Umsatz- und Kostenkurven gehen in jeder Branche und von Firma zu Firma weit auseinander. Der Verlust aber ist ein gerechter Indikator. Er belohnt diejenigen, die Hilfe brauchen UND sich mit kreativen Ideen gegen den Abschwung stemmen. Wer etwas unternimmt und sich, der Wirtschaft und der Gesellschaft hilft, dem wird geholfen. Das wäre Hilfe mit Vernunft und Verstand – statt mit Bazooka und Bingo.

Auch braucht es klare politische Vorgaben und weiche Übergänge statt harter Grenzen. Jede Firma muss ständig mit kleinen und großen Katastrophen umgehen. Dafür werden Rücklagen gebildet oder Kapital aufgenommen. Große Firmen können das leichter als kleine.

Der Bund sollte die Jahresverluste deshalb je höher ausgleichen, desto kleiner die Firma nach Anzahl der Beschäftigten ist. Für Soloselbstständige gäbe es einen pauschalen Unternehmerlohn. Die maximale Förderung könnte bei 75 Prozent des Jahresverlustes liegen. Das würde Raum für neue, z.B. digitale Geschäftsideen geben, die Firmen krisensicherer aufstellen und neue Steuereinnahmen generieren. Der Anreiz, Verluste zu minimieren, sollte maximal groß sein. Nur so können wir für möglichst wenig neue Schulden viele Betriebe erhalten.

Ausnahmen dort, wo wir öffentliche Infrastruktur erhalten wollen

Ausnahmen braucht es nur dort, wo wir öffentliche Infrastruktur erhalten wollen. Teile des Kulturbetriebs und des Bildungsbereichs funktionieren nicht nach einer rein marktwirtschaftlichen Logik. Hier ist insbesondere der Staat auf allen Ebenen gefordert, seiner Verpflichtung zur Gewährleistung der sozialen Daseinsvorsorge nachzukommen.

Es braucht auch eine mittel- und langfristige (Re-)Finanzierungsstrategie der Corona-Maßnahmen. Aber das steht auf einem anderen Blatt. Denn jetzt sofort, bei den Hilfen, da sollten wir es endlich richtigmachen und statt politischer Botschaften funktionierende, wirksame Konzepte anbieten – Konzepte, die gerecht sind und unternehmerisches Handeln belohnen.

Dominik Lorenzen ist Fraktionschef der Grünen und Unternehmer; Katharina Beck arbeitet in einer Unternehmensberatung und bewirbt sich für ein Bundestagsmandat; André Mücke ist Unternehmer und ehemaliger Vize-Präses der Handelskammer.