Hamburg. Der 39-jährige Hamburger Daniel Brückner war Fanliebling bei den Ostwestfalen, die heute auf den Kiezclub treffen.

Die lichten Haare, ein starker linker Fuß und das Trikot mit der Nummer 21 – das waren über Jahre die Markenzeichen für einen der populärsten Spieler des SC Paderborn. Daniel Brückner bestritt von Januar 2009 bis Dezember 2015 nicht weniger als 210 Pflichtspiele für den Club aus Ostwestfalen, erzielte 15 Treffer und bereitete 31 weitere vor. „Ich hatte eine supertolle Zeit in Paderborn. Vor allem habe ich mir dort meinen Kindheitstraum erfüllen können, einmal in der Bundesliga zu spielen. Nur das Ende war nicht so schön“, sagt der heute 39-Jährige, der in Hamburg groß geworden ist und jetzt auch wieder hier lebt, im Gespräch mit dem Abendblatt.

Wenn an diesem Sonnabend (13 Uhr, Sky und Liveticker abendblatt.de) der SC Paderborn und der FC St. Pauli in der Zweiten Liga aufeinandertreffen, wird Daniel Brückner genau hinsehen. Schließlich hat er in seiner Karriere selbst 15-mal gegen St. Pauli gespielt, zehnmal in der Zweiten Liga. „Am Millerntor bin ich immer unheimlich gern aufgelaufen. Die Stimmung habe ich genossen, und wenn dann noch Dom war, war es nicht zu toppen“, schwärmt er. „Für meine Familie und meine Freunde habe ich immer 50 bis 100 Karten organisiert.“ Es sind Sätze, die sich heute, in Zeiten von Corona, anhören wie aus einer anderen Welt.

Eimsbüttel wurde seine Heimat, Fußball seine große Liebe

Brückner gehört zu jenen erfolgreichen Fußballprofis, die zwar in Hamburg groß geworden sind, aber nie für einen der beiden Proficlubs der Stadt gespielt haben. Nach vier Jahren in seiner Geburtsstadt Rostock und einem weiteren Jahr in der algerischen Heimat seines Vaters zog seine Mutter mit ihm nach Hamburg. Eimsbüttel wurde seine Heimat, Fußball seine große Liebe. Er kickte beim HEBC und mit seinen Freunden auf der Straße. Doch für höhere Weihen reichte es erst einmal nicht.

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Den Scouts des HSV und des FC St. Pauli fiel er nicht auf. Brückner war das, was man einen Spätentwickler nennt. Erst als er im Landesligateam des HEBC spielte, durfte er auf Vermittlung des Ligamanagers Klaus Enghusen ein Probetraining bei Werder Bremen absolvieren. Thomas Wolter, der 1983 vom HEBC zu Werder gegangen war und Nationalspieler wurde, trainierte dort die zweite Mannschaft. Er war anfangs skeptisch, holte Brückner aber doch in sein Team. 23 Jahre alt war der Linksfuß da schon.

Es folgten zwei Jahre bei Werders Regionalligateam, zwei Jahre bei RW Erfurt, ein halbes Jahr bei Greuther Fürth und im Januar 2009 der Wechsel zum SC Paderborn, mit dem im Frühjahr 2014 sogar der Sprung in die Erste Liga gelang. 23-mal lief Brückner im Oberhaus des deutschen Fußballs auf. Wer, der als 23-Jähriger noch in der Landesliga bolzte, kann das schon von sich behaupten?

In Paderborn wurde Brückner zum Publikumsliebling

„Auch wenn ich erst recht spät Fußballprofi geworden bin, kann ich auf eine sehr gute Zeit zurückblicken. Ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich erreicht habe“, sagt er heute. „Wer weiß, ob ich das auch geschafft hätte, wenn ich früher den Sprung nach oben geschafft hätte“, fügt Brückner an und spielt darauf an, dass er in seiner Jugend wohl noch nicht wirklich bereit war, alles dem Leistungssport unterzuordnen.

In Paderborn wurde Brückner zum Publikumsliebling, zum Gesicht eines Teams, das sich in jener Zeit aus dem Schatten des Nachbarn Arminia Bielefeld herausspielte. „Wir hatten einen extrem starken Zusammenhalt. Es hat wirklich jeder für jeden gekämpft. Das lag wohl auch daran, dass der SCP ein kleinerer Verein ist, der nicht so im Rampenlicht steht“, sagt Brückner.

Das mit dem Rampenlicht änderte sich schlagartig, als Stefan Effenberg („Ja, ich bin es wirklich“) Trainer wurde. Als es sportlich nicht recht lief, suspendierte er die bei den Fans beliebten Mahir Saglik, Srdjan Lakic und eben auch Brückner. „Der Rauswurf war nicht seine Entscheidung. Er musste das machen“, weiß Brückner. Der damalige Präsident und Mäzen, der 2019 verstorbene Wilfried Finke, hatte dies von Effenberg verlangt. Daher kann Brückner auch guten Gewissens sagen: „Ich habe mit Effe eine super Erfahrung gemacht. Er hat eine starke Präsenz, ist immer geradeaus und kann auch witzig und locker sein. Allein durch unsere Hamburger Herkunft hatten wir einen guten Draht zueinander.“

Brückners sportliche Karriere befindet sich auf der Zielgeraden

Auf dem Spielfeld kreuzten sich auch einige Male die Wege von Brückner und St. Paulis Trainer Timo Schultz. „Er war ein unangenehmer Gegenspieler, hat immer den Weg zum Tor gesucht und auch verrückte Sachen gemacht. Wenn wir uns getroffen haben, sind wir immer gut miteinander klargekommen. Er ist ein offener, kommunikativer, positiver Typ und hat die Ära in Paderborn mitgeprägt“, sagt Schultz.

Brückners sportliche Karriere befindet sich auf der Zielgeraden, auf der er gerade jäh gestoppt wurde. Aufgrund der Corona-Verfügungen darf er mit dem Oberligateam des Niendorfer TSV derzeit weder spielen noch trainieren. „Mir tut das weh. Ich vermisse den Geruch des Rasens“, sagt er. Nur noch ein, zwei Jahre wolle er spielen. „Dann muss etwas passieren“, sagt Brückner, der eine Trainerkarriere anstrebt. Die ersten Schritte hat er gemacht, aber auch hier stoppte ihn Corona. Umso mehr hat er Zeit, an diesem Sonnabend genau hinzuschauen, wenn die Clubs, für die er mehr als für andere empfindet, aufeinandertreffen.